WORAUF TELEARBEITER ACHTEN SOLLTEN
Arbeiten von zuhause aus – das wird auch in Deutschland immer beliebter. Zwar gelten im Home-Office grundsätzlich die gleichen Rechte und Pflichten wie an allen anderen Arbeitsplätzen. Allerdings müssen Telearbeiter zahlreiche Details selbst klären. Dazu gehört auch, ob der Chef Zugangsrecht zur Wohnung hat.
Telearbeit boomt. Mittlerweile ist es keine Seltenheit mehr, dass Gesprächspartner am anderen Ende der Telefonleitung ihren Home-Office-Tag erwähnen. Vor allem in Großunternehmen wechselten viele Mitarbeiter – Männer wie Frauen – ins Heimbüro. Bei BMW etwa stieg die Zahl der Telearbeiter im Rahmen des Telearbeitsprojekts Twist von anfangs 300 auf mehr als 5000 Beschäftigte. In der IT-Industrie ist Telearbeit von jeher weit verbreitet, ebenso bei Außendienstlern. Aber auch in kleinen und mittleren Unternehmen sowie Behörden setzt sich der Trend zum Home Office zunehmend durch.
Diese Entwicklung wird sich fortsetzen, sind zahlreiche Experten überzeugt. Einer aktuellen Umfrage des Branchenverbands Bitkom zufolge liegt der Anteil der Beschäftigten, die ganz oder teilweise im Heimbüro arbeiten, derzeit bei zehn Prozent. Eine vom Druckerhersteller Brother initiierte Studie des britischen Marktforschungshauses Future Foundation sagt voraus, dass es 2020 bereits ganze 80 Prozent sein werden.
Mitarbeiter sind zufriedener
Gerade für Berufstätige mit Familie ist die Arbeit im Heimbüro praktisch. „Vor allem weibliche Fachkräfte fordern zunehmend Home Offices“, sagt Unternehmensberater Alexander Greisle, der Firmen bei der Einrichtung von Telearbeitsplätzen berät. Die Mitarbeiter sind zufriedener, wie zahlreiche Studien bestätigen. Die Unternehmen steigern ihre Chancen im Kampf um begehrte Fachkräfte und sparen dazu noch hohe Quadratmeterkosten für Büros. Immer schnellere Datenleitungen und bessere Technik erleichtern zudem die Vernetzung.
Details selbst aushandeln
Anders als bei der Teilzeit, haben Arbeitnehmer allerdings keinen Rechtsanspruch auf Telearbeit. „Den Arbeitsort bestimmt der Arbeitgeber“, sagt Stefan Simon, Arbeitsrechtler und Partner der Clifford Chance Partnerschaftsgesellschaft von Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern und Solicitors in Frankfurt. Auch ein Gesetz, das die Arbeitsbedingungen für das Heimbüro festlegt, fehlt bislang. Daher sollten angehende Telearbeiter vorab rechtliche Fragen klären und sich über die für sie geltenden Bestimmungen informieren. Das sind zwar grundsätzlich dieselben Regeln, wie bei jedem anderen festangestellten Arbeitsverhältnis auch. Doch Details müssen sie meist selbst aushandeln.
„Als erstes sollten angehende Telearbeiter klären, ob es einen Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung gibt, die bestimmte Dinge regelt“, empfiehlt Gisela Schamann, Mitarbeiterin des Projektes "Telearbeit" der Gewerkschaft Ver.di. Das würde die Vertragsverhandlung enorm verkürzen. Ist beides nicht vorhanden, sollten Mitarbeiter die Modalitäten ihrer Tätigkeit im Home-Office mit ihrem Arbeitgeber festlegen. „Und zwar möglichst detailliert“, rät Schamann.
Viele offene Fragen
So sollte ein Telearbeitsvertrag klären, wer die Arbeitsausstattung anschafft und gegen Schäden oder Diebstahl versichert beziehungsweise die Police bezahlt. Ebenso ist wichtig, ob Computer oder Laptop auch privat genutzt werden dürfen und wer die Telekommunikationskosten trägt. Auch, ob und wie viel Geld der Arbeitgeber für das Arbeitszimmer bezahlt, sei Absprachesache, sagt Schamann. Und es gibt noch viele weitere Fragen, betont Arbeitsrechtler Simon: Wann soll der Telearbeiter erreichbar sein? Ist die Telearbeit auf Dauer oder nur vorübergehend geplant? An wie vielen Tagen soll der Telearbeiter im Unternehmen präsent sein? Wer kümmert sich darum, dass gesetzliche Vorschriften, wie beispielsweise ergonomische Arbeitsschutzmaßnahmen, umgesetzt werden?
Vertraulichkeit ist Pflicht
Eindringlich sollten sich Telearbeiter aus Simons Sicht vor allem über ihre Vertraulichkeitspflichten klar werden. „Wenn Besuch kommt, muss alles – insbesondere Kundenlisten – weggeschlossen sein“, betont er: „Am besten in einem abschließbaren Schrank.“ Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse weiterzugeben, sei strafbar. Zudem sollten Telearbeiter vor Abschluss eines Vertrages auch einen Steuerberater zu Rate ziehen, sagt Simon.
Interessant ist auch die Frage, ob der Arbeitgeber ein Zugangsrecht zur Wohnung des Telearbeiters besitzt. Grundsätzlich behalten Beschäftigte alle Rechte – das im Grundgesetz fixierte Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung wird nicht eingeschränkt. Praktisch jedoch ist die Frage komplizierter: „Es kann durchaus ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers daran geben, beispielsweise wegen Veränderungen an der IT Zutritt zu verlangen“, sagt Arbeitsrechtler Simon. „Auch sämtliche Unterlagen gehören schließlich dem Arbeitgeber.“ Auf sein Recht zu pochen und den Arbeitgeber abzuweisen, hält er zumindest in diesem Fall nicht für klug.
DIESE FORMEN DER TELEARBEIT GIBT ES
Alternierende Telearbeit
Bei dieser wohl häufigsten Variante der Telearbeit verbringt der Mitarbeiter eine festgelegte Zahl von Tagen im Unternehmen und den Rest in seinem Home Office.
Supplementäre Telearbeit
Bei dieser Variante leistet der Mitarbeiter zusätzlich zum normalen Arbeitspensum einzelne Stunden von zuhause ab. Zu dieser Kategorie von Telearbeitern werden auch Mitarbeiter gezählt, die viele Kundenbesuche machen und ihre Arbeit per Laptop und Handy an die Zentrale senden.
Satellitenbüros oder Telezentren
Typisches Beispiel für diese Form der Telearbeit sind Call-Center. Die Telearbeitsplätze befinden sich dabei in sogenannten Satellitenbüros oder Telezentren, in denen Telearbeiter eines oder verschiedener Unternehmen sitzen können. Die mobilen Telearbeiter wählen sich dabei ortsunabhängig mithilfe moderner Kommunikationstechnologien bei ihrem Unternehmen ein.
Freiberufler im Home-Office
Auch die Tätigkeit von Freiberuflern in den eigenen vier Wänden – etwa von Journalisten oder Autoren sowie Beratern – wird als eine Form von Telearbeit eingestuft. Hierfür hat sich der Begriff des E-Lancers eingebürgert, des Freelancers also, der vor allem auf elektronischem Weg kommuniziert.
Heimarbeit
Klassische Heimarbeiter verrichten oft handwerkliche Tätigkeiten für das Unternehmen, bei dem sie fest angestellt sind. Meist sind sie nicht elektronisch mit dem Unternehmen vernetzt, sondern liefern lediglich die selbst erstellten Produkte zu. (Quelle: AOL Finanzen in Zusammenarbeit mit Welt Online - 19.10.09)