SO ÜBERSTEHEN SIE IHRE FIESE PROBEZEIT
dpa (Deutsche Presse Agentur)
Gerade den neuen Arbeitsvertrag unterschrieben und mit Freunden auf die neue Stelle angestoßen? Das ist toll. Doch eine erfolgreiche Bewerbung ist nur die halbe Miete. Denn nun folgt die echte Bewährungsprobe: die Probezeit. Personalexperten bezeichnen diese erste Zeit gern als "zweite Bewerbung".
Die Bewerbung hat eine ganze Menge Mühe gekostet, individuell sollte sie sein und aus dem Gros herausstechen. Wenn das gelungen und die Tinte unter dem Arbeitsvertrag getrocknet ist, ist das Gröbste schon geschafft: Der Bewerber hat die Stelle. Doch nun muss sich erst noch herausstellen, ob Arbeitnehmer und Arbeitgeber tatsächlich die gegenseitigen Erwartungen und Versprechen halten und der Mitarbeiter in das Unternehmen passt.
Schon arbeitsrechtlich ist die Probezeit etwas Besonderes: Der sonst relativ strikte Kündigungsschutz greift dann nämlich noch nicht. Ohne Begründung können Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Vertrag kündigen. Auch die Kündigungsfrist ist in den ersten sechs Monaten auf zwei Wochen verkürzt, bei einzelnen Tarifverträgen sogar auf zwei Tage. Grund ist aber nicht die Probezeit, sondern es gibt eine durch das Kündigungsschutzgesetz festgelegte gesetzliche Wartezeit. „Diese Frist lässt sich auch nicht durch eine kürzere Probezeit verringern“, sagt der Berliner Fachanwalt für Arbeitsrecht, Bernhard Steinkühler. „Das ist ein Fehlglaube“.
Kündigungsschutz ist anfangs Verhandlungssache
Allerdings können Arbeitnehmer hier durchaus etwas für sich herausholen. Wer abgeworben wird, sollte vereinbaren, dass das Kündigungsschutzgesetz von Beginn an greift, empfiehlt Steinkühler. Denn: „Der Arbeitgeber kann freiwillig auf die gesetzliche Kündigungserleichterung verzichten.“ Auch eine Verkürzung der gelockerten Schutzregeln auf drei Monate können Arbeitnehmer mit ihrem neuen Arbeitgeber aushandeln. Ausdehnen lassen sich die gelockerten Regeln umgekehrt nicht. Deswegen können Arbeitnehmer auch unbesorgt Verträge mit längeren Probezeiten unterschreiben, etwa von neun Monaten wie manchmal bei Führungspositionen. „Die Frist von sechs Monaten gilt dann trotzdem, alles andere ist im Streitfall unwirksam“, betont der Arbeitsrechtler.
Was viele nicht wissen: Der Arbeitgeber kann bis zum letzten Tag der Frist noch zu diesen erleichterten Kündigungsschutzbestimmungen kündigen – auch wenn dies nicht die ganz feine Art ist. Dies ist selbst dann möglich, wenn die Kündigungsfrist dann erst nach Ablauf der Probezeit endet. „In dem Fall lohnt es sich auch gar nicht erst, zum Anwaltt zu gehen“, meint Steinkühler. Eine Chance hat ein Widerspruch gegen eine Kündigung seiner Einschätzung nach in der Probezeit allenfalls, wenn der Betriebsrat umgangen wurde. Und nicht nur der gelockerte Kündigungsschutz macht die Probezeit besonders: In den meisten Unternehmen dürfen Neulinge auch in den ersten sechs Monaten keinen Urlaub nehmen, obwohl sie bereits Urlaubsansprüche erwerben.
Viel beobachten und nicht allzu forsch vorgehen
Arbeitnehmer stellen in den ersten Tagen und Wochen im Betrieb wichtige Weichen für ihre weitere Karriere. Um erfolgreich Fuß zu fassen, zählt dabei Fingerspitzengefühl – nicht in erster Linie Fachwissen. Einsteiger sollten zunächst vor allem viel beobachten. „Und gerade in den ersten Tagen nicht zu forsch auftreten“, rät Hans-Rainer Vogel, Mitinhaber des Personal- und Karriereberatungsunternehmens Vogel und Detambel in Wiesbaden. Nur so bekommen sie heraus, welche ungeschriebenen Regeln an ihrem neuen Arbeitsplatz gelten. Gerade Berufseinsteiger vergessen hierbei oft die Sekretärin. „Sie ist die wichtigste Person überhaupt“, ist Jutta Boenig, Inhaberin der Boenig Beratung in Überlingen, überzeugt. Die Sekretärin sei nicht nur Herrin über Terminkalender und Vertraute ihres Chefs. Wer gut mit ihr könne, lerne leichter zwischen den Zeilen zu lesen.
Als regelrechten Karrierekiller handeln Personalexperten den Anspruch vieler Einsteiger, zu schnell etwas bewegen und ihr Fachwissen und Können aufdrängen zu wollen. „Abwartende Neugier ist die beste Haltung“, ist Personalberater Vogel überzeugt. Neulinge sollten viel beobachten. Und gerade die Anfangszeit auch für Fragen nutzen. Die sollten sie aber lieber gebündelt und einmal richtig stellen, als immer hier und da mit Einzelfragen anzukommen – das kostet nur scheinbar weniger Zeit. Und auch bei einem Bürojob können ein oder zwei Tage am Band wichtige Türen für die eigenen Interessen öffnen.
Vor dem Einstand die Gepflogenheiten erkunden
Arbeitnehmer sollten gerade zu Beginn besonders offen und freundlich auf ihre Kollegen zugehen und ihnen Anerkennung und Interesse entgegenbringen. Wer neu ist, sollte jede Gelegenheit zum Kontakt nutzen. Die Kollegen nehmen den Neuling oft von sich aus zum Mittagessen mit. Geschieht das nicht, sollten sich Neulinge aber ruhig selbst überwinden. „Auch wenn das schwer ist“, sagt Maren Lehky, Inhaberin der Personalberatungsgesellschaft Lehky Consulting in Hamburg. „Fragen Sie: ‚Ihr geht immer zusammen, kann ich mich anschließen?’“.
Wer noch keinen Einstand gegeben hat, sollte sich erst mal bei Kollegen erkundigen, welcher Rahmen dafür üblich ist. Beim Einstand dürfen Neulinge im Betrieb ruhig von sich erzählen. Dabei empfiehlt es sich jedoch, nicht allzu sehr aus dem Nähkästchen plaudern – über sein Privatleben oder kuriose Hobbys sollte er sich erst einmal nicht auslassen. Auch allzu engen Anschluss an Grüppchen oder Cliquen sollte er in der ersten Zeit vermeiden.