Sie zählt zu den wichtigsten Policen: die Berufsunfähig- keitsversicherung. Doch im Ernstfall reicht sie nur selten aus, um den Lebensstandard zu halten. Der Grund: Viele Versicherungen bieten Billig-Verträge an, um so Kunden zu ködern. Die vereinbarten Renten sind in den meisten Fällen viel zu niedrig.
Die meisten von den Bundesbürgern abgeschlossenen Berufsunfähigkeitspolicen besitzen eine reine Alibifunktion. Sie beruhigen das Gewissen ihrer Besitzer, vernünftig gegen die schlimmsten Wechselfälle des Lebens gewappnet zu sein. Im Ernstfall erfüllen sie jedoch kaum ihren Zweck.
Nach Auffassung des Brancheninformationsdienstes "map-report" reichen die Monatsrenten meist nicht, um Versicherte vor einem finanziellen Absturz zu bewahren. 2008 lagen sie bei neu abgeschlossenen Zusatzpolicen dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) zufolge bei 718 Euro. Wurde das Risiko über einen gesonderten Vertrag versichert, waren es 964 Euro.
Das sei deutlich zu wenig, meint GDV-Referent Stephan Gelhausen: "Sinnvoll wäre es, sich so weit wie möglich am Nettoeinkommen zu orientieren." Dies gilt vor allem für Jahrgänge ab 1961, denen keine gesetzliche Berufsunfähigkeits-, sondern nur noch eine Erwerbsminderungsrente zusteht. Die volle Erwerbsminderungsrente beträgt im Schnitt etwa 660 Euro.
In etwa jeder dritten der rund 15 Millionen abgeschlossenen Zusatzversicherungen ist aber nicht einmal eine Rente vereinbart. Stattdessen wird der Berufsunfähigkeitsschutz in Kombination mit einer Kapitallebens- oder privaten Rentenversicherung nur abgeschlossen, damit der Versicherer im Falle des Falles die Prämien zur Hauptpolice weiterzahlt.
Dass es 2008 neben den knapp 15 Millionen Zusatzpolicen nur noch weitere rund 2,5 Millionen eigenständige Berufsunfähigkeitsversicherungen gab, dürfte maßgeblich zwei Gründe haben. Junge Menschen denken nicht ausreichend über ihre Risiken nach. Oder sie schieben einen Vertragsabschluss vor sich her, weil das Geld fehlt.
Einen zusätzlichen Grund für die offenkundige Zurückhaltung sehen viele Experten im verbreiteten Vorurteil, im Ernstfall nützten solche Policen wenig, weil die Versicherer notfalls einen Grund fänden, ihre Leistung zu verweigern. Kein Wunder, dass nach einer von der Allianz Versicherung in Auftrag gegebenen Forsa-Untersuchung nur zwölf Prozent der befragten und noch nicht versicherten 18- bis 29-Jährigen den Abschluss einer solchen Police planen. 54 Prozent wollten sich wahrscheinlich nicht oder sogar auf keinen Fall dazu entschließen.
Und in der Tat sind nicht alle Versicherer in der Lage, kompetent mit Berufsunfähigkeitspolicen umzugehen. Manche scheuen sogar die damit verbundenen Kalkulationsrisiken und weisen Antragsteller mitunter rigoros ab. Für die Betroffenen kann dies fatale Konsequenzen haben. Einmal abgelehnt, landen sie möglicherweise im "Hinweis- und Informationssystem" (HIS) des GDV und sind von anderen Gesellschaften mühelos als eher unversicherbar identifizierbar. Es geht aber auch anders.
Das Analysehaus Morgen & Morgen hat 362 Tarife von 83 Anbietern hinsichtlich der darin steckenden Kompetenz und Kundenfreundlichkeit untersucht. Auf den Prüfstand kamen dabei zum einen die Vertragsbedingungen. Denn an ihnen lässt sich juristisch wasserdicht ablesen, ob und wie ein Versicherer beim Eintritt einer Berufsunfähigkeit zahlen muss.
Ein weiterer für Verbraucher wichtiger Punkt sind die Professionalität, Fairness und Kompetenz eines Versicherers bei der Antragsprüfung und im Leistungsfall. Dabei hat Morgen & Morgen auch untersucht, wie häufig es deswegen zu gerichtlichen Auseinandersetzungen kommt. Zudem spielt in der Bewertung die finanzielle Ausstattung eines Versicherers mit. Schließlich wollen die Kunden vor überraschenden Beitragserhöhungen sicher sein.
Analysiert wurden auch die Antragsfragen. Denn nur wenn diese keine Interpretation zulassen, ist bei wahrheitsgemäßen Antworten jede Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht ausgeschlossen. Gerade deshalb werden Ansprüche nämlich oft abgelehnt. In der Tabelle rechts auf dieser Seite sind alle rund 100 Tarife von insgesamt 38 Anbietern aufgeführt, die im Rating von Morgen & Morgen die Höchstnote von fünf Sternen erhalten haben.
Auch bei den dort genannten Versicherern gibt es aber nicht selten weitere Tarife, die zum Beispiel wegen ihrer Bedingungen oder eines weniger umfangreichen Versicherungsschutzes schlechter abschneiden. Martin Zsohar erklärt dies auch mit dem dort vereinzelt nicht enthaltenen Verzicht auf die Verweisungsmöglichkeit in einen anderen Beruf: "Das ist eines der wichtigsten Kriterien überhaupt."
Gabriele Zeugner von der Verbraucherzentrale rät auf jeden Fall zu einer Trennung von Berufsunfähigkeitsschutz als notwendige Risikovorsorge und Sparvorgang: "Sonst bricht diese so überaus wichtige Absicherung weg, wenn man kein Geld mehr für den Hauptvertrag hat." Am besten lässt sich dies mit einer selbstständigen Police oder einem Zusatz zu einer Risikolebensversicherung darstellen - in der Regel über die Kürzel SBU, SBV oder BUZ zu erkennen.
Dies ist zudem die preiswerteste Lösung. 1000 Euro Monatsrente gibt es etwa für einen 30-jährigen Verwaltungsangestellten besonders günstig beim Volkswohl Bund (SBU) mit 503 Euro, bei CosmosDirekt (Comfort-Schutz) mit 568 Euro und der AachenMünchener (SBU) mit 580 Euro. Der teuerste Anbieter würde dafür mit 1165 Euro etwa das Doppelte verlangen. (Quelle: AOL Finanzen in Zusammenarbeit mit Welt Online - 2.2.10)