von Katrin Schönfeld
Feiner Sand und rauschende Wellen - so stellt man sich einen Badestrand am Meer vor. Doch beim Baden im Meerwasser kommt es immer häufiger vor, dass man nach ein paar Metern auf eine unschöne Tatsache trifft: Müll im Wasser, der sich in großen Mengen sammelt. Dies stellt längst nicht nur ein Problem für Badeurlauber dar, sondern bedroht die Gesundheit der Meere und ihrer Lebewesen. Pro Jahr sterben schätzungsweise mehr als eine Million Seevögel sowie etwa 100.000 Meeressäugetiere und Schildkröten an den in Ozeanen treibenden Überresten von Plastikmüll.
Ein Großteil dieses Mülls sind Plastikprodukte wie zum Beispiel Flaschen, Verpackungen oder auch Feuerzeuge. Plastik ist der umgangssprachliche Begriff für Kunststoff. Dieser Werkstoff besteht aus organischem Material, das durch chemische Veränderung von Naturstoffen wie Erdöl, Kohle oder Erdgas oder aus anorganischen Rohstoffen künstlich hergestellt wird. Aufgrund seiner Eigenschaften wie Härte, Elastizität und Bruchfestigkeit ist Kunststoff ein sehr haltbares und strapazierfähiges Material, was in der Industrie beispielsweise als Verpackungsmittel sehr beliebt ist, aber unter anderem auch für Rohre, als Bestandteile von Lacken und Klebstoffen, als Material für Reifen oder für elektrische Teile verwendet wird.
Die Menge an Kunststoff, die bisher produziert wurde, soll ausreichen, um die Erde sechs Mal mit Plastikfolien einzupacken. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen (UN) werden weltweit jedes Jahr etwa 240 Millionen Tonnen Plastik produziert, davon 60 Millionen Tonnen in Europa. Mehr als 6,4 Millionen Tonnen der gesamten Menge landen als Müll in den Ozeanen. Zwar treiben schon auf einem Quadratkilometer Wasseroberfläche bis zu 18.000 Plastikteile, doch macht dies dennoch nur 15 Prozent (also weniger als ein Sechstel) des gesamten Plastikmülls aus, der sich im Meer befindet: Der Großteil sinkt auf den Grund und ist für uns nicht sichtbar - nur ein kleiner Teil des Mülls wird überhaupt an den Küsten angespült.
Gewaltige Müllfelder mitten im Meer
Müll schwimmt überall in den großen Ozeanen. An einigen Stellen hat er sich in den vergangenen Jahren jedoch gehäuft. Ein großes "Müllfeld" gibt es beispielsweise mitten im Nordpazifik, zwischen Nordamerika und den Inseln von Hawaii. Das so genannte "Eastern Garbage Patch" (englisch: Müllplatz des Ostens) soll etwa sechs Mal so groß sein wie die Flächen von Großbritannien und Nordirland zusammen. Die genaue Größe konnte man jedoch bisher noch nicht feststellen.
Über mehrere Jahre hinweg haben ringartige Meeresströmungen den im Meer treibenden Müll an diesem Punkt zusammengeschwemmt. Dort ist also ein riesiger Müllstrudel entstanden. Nicht nur handelt es sich zum Beispiel um umherschwimmende Reste von Fangnetzen, die die Fischer im Meer hinterlassen haben - in diesen bleiben viele Fische hängen und ersticken. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass der Müll in den Meeren überwiegend aus Plastikabfällen besteht. Auch im Nordatlantik, nördlich von den karibischen Inseln, wurden bereits große Mengen Plastikmüll gefunden. Dort sollen bis zu 200.000 Plastikstücke je Quadratkilometer auf der Meeresoberfläche schwimmen. Seit einigen Jahren sind sogar unsere heimischen Meere, die Nord- und Ostsee, davon betroffen. Nach Schätzungen sollen etwa 20.000 Tonnen Plastik pro Jahr in die Nordsee gelangen, größtenteils verursacht durch die Schifffahrt und Fischerei.
Verheerende Folgen für alle Lebewesen
Das Problem hierbei ist, dass Plastik ein Material ist, das sich nicht wie natürliche Rohstoffe abbaut. Unter Einwirkung von Sonnenlicht, Wellenbewegungen und mechanischem Abrieb zerfällt es zwar langsam in immer kleinere Plastikteilchen, die aber weiterhin gefährlich sind. Dieser Prozess dauert mehrere Jahre und ist somit eine große Bedrohung für die Meereswelt. Laut Umweltschutzorganisationen sterben pro Jahr mehr als eine Million Seevögel sowie 100.000 Meeressäugetiere und Schildkröten an den in Ozeanen treibenden Überresten von Plastikmüll. Die Meereslebewesen und auch die Seevögel verwechseln die Plastikteile leicht mit Nahrung und fressen sie. Sie können dadurch verhungern, da ihre Mägen die Plastikteilchen nicht verdauen können und diese so den Verdauungstrakt verstopfen.
Eine weitere, von den Plastikteilen ausgehende Gefahr ist, dass sie wie eine Art "chemischer Schwamm" wirken, denn sie können giftige Schadstoffe des Meeres an sich binden. So nimmt also jedes Tier neben dem Plastikabfall auch noch viele Giftstoffe auf. Eine weitere Auswirkung ist die Ansiedlung von Organismen auf dem Plastikmüll. Durch die Strömung werden sie in Lebensräume transportiert, die weit entfernt von ihren eigentlichen sind. Somit können sie in den neuen Lebensräumen Schaden für dort beheimatete Lebewesen verursachen.
Die im Zersetzungsprozess von Kunststoff ebenfalls freigesetzten gefährlichen Chemikalien wie Bisphenol A, Phthalate oder Styrolverbindungen werden von den im Meer lebenden Organismen aufgenommen und gelangen so über die Fische in die Nahrungskette, also auch in den menschlichen Körper. Diese Stoffe können das Erbgut und den Hormonhaushalt der Lebewesen verändern. Bisphenol A (BPA) soll beim Menschen beispielsweise Fehlgeburten verursachen können.
Dieser Stoff ist mittlerweile schon in vielen Alltagsgegenständen wie Babyfläschchen, Plastikschüsseln und Konservendosen enthalten. Kommt der Stoff mit dem Inhalt dieser Gegenstände in Berührung, wird er also auf diesem Weg auch vom Menschen aufgenommen.
Aktionen machen auf das Problem "Plastikmüll" aufmerksam
Durch mehrere Aktionen wird auf die Problematik des Plastikmülls im Meer hingewiesen. So läuft derzeit der Film "Plastic Planet" im Kino. In dem Dokumentarfilm wird gezeigt, dass Plastik nicht nur Auswirkungen auf unsere Gesundheit hat, sondern auch auf die Natur und somit die Lebensgrundlage der Menschen und Tiere. Bei seinen Recherchen hat der Wiener Regisseur Werner Boote unter anderem mit mehreren Forschern und auch mit Vertretern der Kunststoffindustrie gesprochen. Mit diesem Film will er die Menschen "wachrütteln", über diese Problematik nachzudenken und auch selbst etwas zu tun.
Der britische Abenteurer David de Rothschild will ebenfalls mit einer außergewöhnlichen Aktion auf die Thematik aufmerksam machen. Er appelliert daran, den Plastikabfall wiederzuverwerten, also zu recyclen, und die Verschmutzung der Meere zu stoppen. Er selbst macht es mit einem "segelnden Mahnmal" vor: Mit einem selbst gebauten Boot aus 12.500 gebrauchten, leeren und miteinander verschnürten Plastikflaschen will er sich demnächst auf die mehrmonatige Reise von San Francisco nach Sydney begeben und so zeigen, wie man Plastik wiederverwenden kann. Das 20 Meter lange Boot, eine Art Floß, hat er auf den Namen "Plastiki" getauft.
Was können wir tun?
Da ein Großteil des anfallenden Plastikmülls im Meer von der Fischerei und der kommerziellen Schifffahrt stammt, müssen Besitzer von Schiffen und Fangbooten auf die verheerenden Auswirkungen der unverantwortlich entsorgten Kunststoffmengen aufmerksam gemacht werden, fordert der Naturschutzbund Deutschland (NABU). Politiker müssten demzufolge mehr Kontrollen durchführen und im Falle von Verstößen sollten ihnen härte Strafen drohen. Ebenfalls müsse die Rückgabe des Mülls in den Häfen kostenfrei sein.
Jeder kann seinen Teil dazu beitragen, indem er Kunststoff-Abfälle vermeidet, soweit dies geht. Beim Einkauf kann man beispielsweise Einkaufstaschen statt Plastiktüten verwenden und auf Produkte mit Kunststoffverpackungen verzichten, wenn dies möglich ist. So gibt es Joghurt auch in Mehrweg-Gläsern statt in Plastikbechern oder Mineralwasser und Saft in Glas- statt in PET-Flaschen.
Weiterhin ist es wichtig, den anfallenden Müll richtig zu entsorgen. Der Bund für Naturschutz und Umwelt (BUND) empfiehlt unter anderem, Nahrungsmittel wie Nudeln oder Müsli am besten in größeren Portionen zu kaufen, Kosmetikprodukte in Drogerien und Ökomärkten nachzufüllen oder sie sogar aus natürlichen Zutaten selbst herzustellen. Da Erdöl, der Rohstoff für Plastik, begrenzt vorhanden ist, sollte es in unser aller Interesse sein, mit diesem Rohstoff nicht dermaßen verschwenderisch umzugehen, wodurch auch die Natur weiter zerstört wird. (Quelle: Helles-Koepfchen.de - 10.3.10)