DIESE OSTMARKEN HABEN SICH IM WESTEN BEHAUPTET

 

Viele Produkte aus der früheren DDR (Deutsche Demokratische Republik) sind verschwunden. Doch einige haben sich durchgesetzt, wenige haben sogar Westfirmen übernommen.

Auch im real existierenden Sozialismus wurde konsumiert – und viele Produkte in der DDR trugen Namen, die 20 Jahre später in ganz Deutschland angekommen sind. Die „Welt am Sonntag“ stellt Marken und ihre Geschichten vor: Kleine Stücke ostdeutscher Wirtschaftsgeschichte

 

Köstritzer

 

Für Köstritzer in Thüringen begann die Marktwirtschaft mit einem Absatzeinbruch. Die Brauerei, seit 1543 im beschaulichen Bad Köstritz ansässig, produzierte 1990 mit 300 Mitarbeitern 200.000 Hektoliter Bier. 1991 waren es nur noch 145.000 Hektoliter und 120 Mitarbeiter. „Die Leute haben uns im Regal stehen lassen“, sagt Geschäftsführer Andreas Reimer. Die Rettung kam in Gestalt einer Großbrauerei: Seit 1991 gehört Köstritzer zur Bitburger-Gruppe, die inzwischen auch die Pilsbrauerei Wernesgrüner besitzt. Köstritzer konzentriert sich auf Schwarzbier. Die Brauerei wirbt in der Jazz-Szene, sponsert Bands und Festivals. 380.000 Hektoliter werden inzwischen im Jahr produziert. Für die Vermarktung spielen die 41 Jahre als Volkseigener Betrieb keine Rolle mehr: „Viele Kunden denken, dass wir aus Bayern kommen“, sagt Geschäftsführer Reimer.

 

„Wir wollten nie ein DDR-Produkt sein.“ Entsprechend ausgeglichen sind die Verkaufszahlen: 52 Prozent des Bieres werden im Westen, 48 Prozent im Osten getrunken. Was auch daran liegt, dass die Bitburger-Gruppe die Marke deutschlandweit vertreibt. Ohne den Mutterkonzern wäre die Umstellung auf die Marktwirtschaft für sein Unternehmen schwieriger geworden. „Wir haben in den ersten fünf Jahren nach der Wende kein Geld verdient“, sagt Reimer. Um dem sinkenden Bierkonsum in Deutschland zu begegnen, will Köstritzer jetzt in Asien – vor allem in China – expandieren. Nina Trentmann

 

Pneumant

 

In seiner Zeit als Bundeskanzler presste Gerhard Schröder bei Pneumant in Fürstenwalde schon seinen eigenen Reifen. Der Pneu „Gerhard Schröder“ fand seinen Platz im Büro des Werksleiters. Das war im Sommer 2001. Pneumant galt damals als Vorzeigeunternehmen in Ostdeutschland. Wenige Jahre zuvor hatte das noch anders ausgesehen: Die Treuhand hatte erwogen, alle fünf Werke des Reifenproduzenten in Fürstenwalde, Riesa, Dresden, Heidenau und Neubrandenburg stillzulegen. Mit alten Maschinen und zu vielen Mitarbeitern war die Firma der Konkurrenz aus dem Westen hilflos unterlegen

 

Dann entschied die Treuhand, die Werke Fürstenwalde und Riesa zu erhalten und auf die Produktion von Fahrzeugreifen umzustellen. Pneumant verabschiedete sich von Luftmatratzen, Schlauchbooten und Plastikbesteck – und wurde so attraktiv für den Investor Dunlop SP Reifenwerke, der 1995 einstieg. Dunlop ließ für über 130 Millionen Euro beide Produktionsstätten modernisieren, sodass Pneumant bald wieder schwarze Zahlen schrieb. Heute ist der Reifenhersteller durch ein Joint Venture in den Konzern Goodyear eingebunden, der in Deutschland Marktführer ist. 600.000 Pneumant-Reifen werden jedes Jahr produziert, die Hauptabnehmer leben noch immer im Osten. Lara Sogorski

 

Glashütte

 

 

Der Ort Glashütte südlich von Dresden hat nur knapp 7000 Einwohner, ist aber weltweit ein Synonym für Präzision, Qualität und Luxus. Seit 1845 wurden hier Uhren hergestellt, unter anderem von Ferdinand Lange, der mit seiner Firma „Lange & Cie.“ den Grundstein für die deutsche Feinuhrmacherei legte. 1951 gingen die Unternehmen im VEB Glashütter Uhrenbetriebe auf, der vier Jahrzehnte lang praktisch alle in der DDR verkauften Uhren herstellte. Nach der Wende wurde daraus die Glashütter Uhrenbetrieb GmbH, die vor allem wegen ihrer Marke „Glashütte Original“ bekannt ist.

 

Seit 2000 gehört die Firma zur Swatch Group. Auch Lange?& Söhne gibt es heute wieder: 1990 gründete Walter Lange die Firma ein zweites Mal, nachdem seine Familie 1948 enteignet wurde und in den Westen ging. Rund 450 Mitarbeiter hat der 85-Jährige heute, seine Uhren werden für mehrere Tausend Euro verkauft. Inzwischen steht Glashütte auch für einen dritten Namen: Nomos wurde 1990 gegründet. Nina Trentmann

 

Halloren

 

Für Deutschlands älteste Schokoladenfabrik, Halloren aus Halle an der Saale, begann nach der Wende ein Kampf um Regalplätze. Zu DDR-Zeiten eine geschätzte Rarität, wurden die Schokokugeln 1990 in vielen Läden von Westprodukten verdrängt. „Die Herausforderung war, die Marke Halloren im Bewusstsein der Verbraucher zu halten“, sagt Sprecher Tino Müller. Dazu kam: Zu DDR-Zeiten gab es nur die Original Halloren Kugeln in Sahne-Cacao, dazu Geleeartikel, Weinbrandbohnen und Kokosflocken. „Wir mussten das Sortiment sehr schnell erweitern“, sagt Müller. Heute stellt die Firma knapp 180 verschiedene Schokoladen- und Trüffelsorten her und hat im Osten einen Bekanntheitsgrad von fast 94 Prozent. Im Westen kennt die Marke nur jeder Dritte. Deshalb beschäftigt Halloren Uwe Seeler als Werbeträger und bietet Pralinenseminare an. Nina Trentmann

 

Club-Cola

 

 

Sie war ein Geschenk zum 20. Geburtstag der DDR: Die Club-Cola, kam 1969 in die Ost-Supermärkte. Zuvor wurde sie beim VII. Parteitag der SED vorgestellt. Das Pendant zu Coca-Cola und Pepsi muss den Genossen geschmeckt haben, denn sie genehmigten die Gründung des VEB Getränkekombinats Berlin. Auch in Rostock und Cottbus wurde Cola produziert – die vor allem bei Jugendlichen gut ankam. „Club-Cola war mehr wert als der Einlass im Jugendklub“, sagt Susanne Liedtke von der Spreequell GmbH, zu der Club-Cola heute gehört. Spreequell vermarktet Club-Cola gezielt als Ost-Produkt – allerdings mit begrenztem Erfolg: Die Cola, die während der DDR-Zeit das umsatzstärkste Produkt des Berliner Getränkekombinats war, trägt heute nur noch fünf Prozent zum Spreequell-Umsatz bei. „Club-Cola ist heute eher eine Spezialität“, sagt Liedtke. Sie wird deshalb vor allem in Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern verkauft. Nina Trentmann

 

Nudossi

 

 

Erst selten und begehrt, dann verschmäht, verschwunden, wiederbelebt – die Geschichte der Nuss-Nougat-Creme Nudossi ist voller Dramatik. Die „Nutella des Ostens“ gab es seit den 70er-Jahren. Doch Rohstoffe wie Kakao und Nüsse waren in der sozialistischen Mangelwirtschaft knapp. Daher war Nudossi selten in den Regalen zu finden. Produziert wurde es von der Firma Vadossi, die 1972 dem Dresdner Süßwarenhersteller VEB Elbflorenz zugeschlagen wurde. Nach der Wiedervereinigung kauften die Ostdeutschen lieber das Westprodukt Nutella – Vadossi, 1991 privatisiert, ging pleite.

 

Mitte der 90er-Jahre erwarb der Konditormeister Karl-Heinz Hartmann aus Freital die Namensrechte und belebte die Marke neu. Eine Weile lief das Geschäft, 2005 folgte eine weitere Insolvenz. Nudossi-Freunde schickten Unterstützerpost, deckten sich mit Ware ein – und der Insolvenzverwalter gab der Marke noch eine Chance. Mittlerweile ist der Nudossi-Produzent, Hartmanns Sächsische und Dresdner Back- und Süßwaren GmbH und Co. KG, auf Wachstumskurs. Seit die Zeitschrift „Öko-Test“ 2009 Nudossi bei einem Vergleich von Nuss-Nougat-Cremes zum Testsieger kürte, interessieren sich auch Verbraucher im Westen für den Brotaufstrich. Christian Gaertner

 

Aromatique

 

 

Wer in Thüringen unterwegs ist, begegnet dem Aromatique: einem Magenbitter, der oft eiskalt auf den Tisch kommt – ähnlich wie der Schierker Feuerstein im Ostharz. Hergestellt wird der Likör seit 1828 in Neudietendorf, einem kleinen Ort im Landkreis Gotha. Als damals in der Gegend eine Epidemie ausbrach, mischte der Apotheker Daniel Thraen eine alkoholhaltige Tinktur und nannte sie „tinctura aromatica compostita“. So wird es zumindest überliefert. Die Seuche ging, die Mixtur blieb. Bis Mitte der 50er-Jahre, so berichtet es die Firmenchronik, gab es noch fünf „Aro“-Hersteller. Es folgte die schrittweise Enteignung bis hin zum Volkseigenen Betrieb im Jahr 1972. Nach der Wende wurde das Unternehmen 1991 reprivatisiert. Heute hat die Aromatique GmbH Spirituosenfabrik mehrere ostdeutsche Gesellschafter und 18 Mitarbeiter. Außer dem „Aro“ verkauft die Firma Halbbitter-, Apfel-, oder Pfefferminzliköre. In den Export geht ein geringer Teil davon, etwa nach Israel, Finnland oder Nordirland. Die wichtigsten Absatzmärkte bleiben aber Thüringen und die ostdeutschen Bundesländer. Alexandra Ringleb

 

Spee

 

Spee ist eine der wenigen ostdeutschen Marken, die sich nach der Wiedervereinigung in den westlichen Bundesländern durchsetzen konnte. Das Kult-Waschmittel ist heute deutschlandweit die Nummer drei. Von den damaligen Marktanteilen des DDR-Vorzeigewäschereinigers kann der heutige Mutterkonzern Henkel trotzdem nur träumen. Immerhin kam Spee – der Name ist die Abkürzung für „Spezial-Entwicklung“ – kurz vor der Wende auf einen Anteil von 80 Prozent. Hergestellt und entwickelt wurde Spee zu DDR-Zeiten vom VEB Waschmittelwerk Genthin. Dass Henkel dieses Werk und damit Spee 1990 von der Treuhand übernahm, war kein Zufall: Der Düsseldorfer Konzern hatte die Produktionsstätte im Jahr 1921 selbst gegründet, 24 Jahre später war sie von den sowjetischen Militärbehörden eingezogen und später in einen Volkseigenen Betrieb umgewandet worden.

  

Seit vergangenem Jahr produziert allerdings der Henkel-Konkurrent Hansa Group in Genthin, da der Persil-Konzern die Spee-Produktion nach Düsseldorf umgesiedelt hat. Hergestellt werden insgesamt 13 Produkte in den Variationen Pulver, Gel und Megaperls. Markenzeichen von Spee ist ein reimender Fuchs, der heute in 36 Ländern für das Waschmittel wirbt. Carsten Dierig

 

Bautz’ner Senf

 

„Im Osten gibt man seinen Senf gern dazu“, lautet der aktuelle Werbeslogan der sächsischen Traditionsmarke Bautz’ner. Tatsächlich wird nirgends in der Republik so viel Senf gegessen. 850 Gramm verputzt der Durchschnittsdeutsche jährlich. Bei der regionalen Verteilung zeigt sich, dass im Osten dreimal mehr Senf gegessen wird als im Westen. Bautz’ner steht dabei oben auf der Einkaufsliste. Der beliebteste Senf der DDR hat auch im Westen den Durchbruch geschafft: Mit mittlerweile 24 Millionen Bechern – zehn Millionen Kilo – Jahresproduktion ist Bautz’ner nach eigenen Angaben Marktführer in Deutschland. Hergestellt wird der Mostrich aus der Lausitz seit 1953, anfangs im VEB Lebensmittelbetriebe Bautzen und heute in einer nicht weit entfernten Senf- und Feinkostfabrik im Vorort Kleinwelka. Inhaber von Marke und Werk ist Develey. 1992 hatten die Bayern die DDR-Kult-Marke von der Treuhand übernommen und bundesweit in die Supermärkte gebracht. Carsten Dierig

 

Rotkäppchen

 

Angesichts der Genussmittelknappheit in der DDR versprach der Name Rotkäppchen ein bisschen Luxus. Und die Mitarbeiter des Sektherstellers waren entsprechend privilegiert: Pro Monat zwei Flaschen Sekt durften sie zum halben Preis erwerben – und hielten damit ein heiß gehandeltes Tauschprodukt in den Händen: „Wie eine zweite Währung“ seien die Flaschen gewesen, erinnern sich Mitarbeiter. Sie bezahlten damit einen Handwerker, eine gute Wurst oder Westware. Als die Mauer fiel, war es damit vorbei. Statt 15 Millionen Rotkäppchen pro Jahr wurden nur noch 1,5 Millionen Flaschen gekauft. Doch der Hersteller der „Kommunistenbrause“ schaffte nicht nur den Sprung in die Marktwirtschaft, er lehrt inzwischen die Westkonkurrenz das Fürchten. Denn das Unternehmen schluckte westdeutsche Traditionsmarken wie Mumm, MM, Geldermann, Blanchet und Chantré. Heute kommt fast jede zweite Sektflasche hierzulande von Rotkäppchen-Mumm. Ileana Grabitz

 

Radeberger

 

Radeberger galt als eines der besten Biere der DDR. Wohl deshalb war das Markenprodukt im Land selbst nur schwer erhältlich. Fast die gesamte Produktionsmenge ging in den Export. Heute zählt Radeberger zu den meistgetrunkenen Biermarken im Osten. Gebraut wird unverändert im sächsischen Radeberg, einer Kleinstadt bei Dresden. Schon 1872 begann dort die Geschichte des Unternehmens, das nach eigenem Bekunden als erste deutsche Brauerei ausschließlich nach Pilsner Brauart produzierte. Herr im Hause ist heute das Bielefelder Familienunternehmen Oetker, das seine Biersparte im Jahr 2002 in Radeberger Gruppe umbenannte. Unter dem Dach von Deutschlands größter privater Brauereigruppe sind mittlerweile rund 40 Marken zusammengefasst, darunter Ostbiere wie Berliner Bürgerbräu, Potsdamer Rex, Freiberger, Rostocker, Ur-Krostritzer und Sternburg. 2009 lag der Gesamtausstoß der Braugruppe bei rund 13,4 Millionen Hektolitern – ein Marktanteil von rund 15 Prozent. Carsten Dierig

 

Pfeffi-Bonbons

 

Die kleinen eckigen Lutschbonbons Pfeffi kennt fast 60 Jahre nach ihrer Erfindung beinahe jeder aus Ostdeutschland. Zu DDR-Zeiten waren die Pfefferminzbonbons ein Verkaufsschlager, jedes Schulkind hatte sie im Ranzen dabei. Seine Geburtsstunde feierte das Pfeffi-Bonbon 1954 beim Arzneimittelhersteller Fahlberg List in Magdeburg. Anfang der 60er-Jahre übernahm der Bonbonspezialbetrieb Konsü Markkleeberg die Pfeffis und machte sie berühmt. Das Unternehmen führte Bonbons mit Zitronengeschmack ein, die jedoch nie so beliebt wurden wie das Minzprodukt. Die Wende bedeutete für Pfeffi zunächst das Aus. Der Vorstand des Bonbonherstellers entschied damals, die Produktion stillzulegen und nur die Immobilien zu halten. Erst 1998 fand sich mit der Pit Süßwaren und Nährmittelfabrik aus Bayern ein neuer Hersteller. Zur Süßwarenmesse 2000 gab es sie dann wieder: Pfeffis mit Pfefferminzgeschmack und Zitrone. Sofort nahmen mehrere Großhändler das Produkt in ihre Liste auf. Mittlerweile gibt es Pfeffis auch als Himbeerbonbons und seit diesem Jahr als kleine „Pfefferlinge“. Lara Sogorski

 

Fit-Spülmittel

 

Zuerst nur als Pulver, kurze Zeit später flüssig in der Glasflasche: So kam das erste Fit-Spülmittel 1955 in die ostdeutschen Regale. In Flaschen, die dem „Roten Turm“ in Chemnitz nachempfunden und bis heute unverändert sind. Fit mauserte sich zum DDR-Reinigungsmittel schlechthin. Die Leute wuschen damit nicht nur Töpfe und Teller, sondern polierten mit Fit auch ihre Autos. Doch nach der Wiedervereinigung griffen viele Ostdeutsche lieber zu Produkten aus dem Westen. Produzierte VEB Fettchemie Karl-Marx-Stadt 1989 noch 55.000 Tonnen Fit, so waren es 1991 nur noch 9000. Kurzfristig half eine neue Verkaufsstrategie: Das Unternehmen ließ seine Produkte per Lkw vor westdeutsche Supermärkte fahren und dort von der Laderampe verkaufen. Der Chemiker Wolfgang Groß aus dem Westen machte die Fit GmbH wieder zum führenden ostdeutschen Putzmittelhersteller. Heute vertreibt Fit 20 verschiedene Produkte, darunter die Westmarken Rei und Sanso. Lara Sogorski

 

Eberswalder Wurstwaren

 

 

Zur Fußball-WM und zur -EM brachte die Eberswalder Wurstfabrik Würstchen in den Signalfarben Schwarz-Rot-Gelb auf den Markt. 300 Tonnen „Weltmeister-Griller“ – ohne künstliche Farbstoffe – gingen über die Ladentheke. Am Sitz in Britz arbeiten für das heutige Familienunternehmen Eberswalder Wurst GmbH 250 Mitarbeiter, die jährlich 10.000 Tonnen Würste produzieren. Allein drei bis vier Millionen der traditionsreichen Eberswalder Würstchen stellen sie jede Woche her. Zu DDR-Zeiten stand dahinter die Marke für Europas größte Fleischfabrik, das Schlacht- und Verarbeitungskombinat Eberswalde (SVKE). Gegründet 1977, entwickelte sich der Betrieb bis zur Wiedervereinigung zu einer hoch modernen Anlage mit rund 3000 Mitarbeitern. Mit dem Ende der DDR zerbrach der Vorzeigebetrieb und ging an ein Unternehmen aus dem Westen. Im Jahr 2000 musste die Firma Insolvenz anmelden, der Neustart gelang zwei Jahre später als Familienunternehmen. In diesem Jahr wurde erstmals seit acht Jahren wieder groß investiert: Für rund eine Millionen Euro entstand eine neue Verpackungsanlage, die auch 80- und 100-Gramm-Packungen füllen kann. Lara Sogorski

 

Eko Stahl

 

Selbst der Eisenhüttenstädter Fußballklub würdigt es in seinem Namen: Stahl ist ein Erfolgsprodukt, auch nach der Wende. Heute zählt das Werk in Eisenhüttenstadt zur ArcelorMittal-Gruppe, dem größten Stahlkonzern der Welt. Eko Stahl hat es geschafft, sich über die Umbruchphase der 90er-Jahre hinweg zu behaupten. Schon zu DDR-Zeiten galt das Eisenhüttenkombinat Ost (Eko) mit 16.000 Beschäftigen als größte Metallurgie der Republik. Nach der Wiedervereinigung rutschte Eko wie fast alle ostdeutschen Unternehmen in eine tiefe Krise, die Aufträge brachen ein. Qualitativ konnte das Unternehmen zwar mit der Konkurrenz aus dem Westen mithalten, die Produktionskosten waren aber viel zu hoch. Erst 2001 erholte sich die Firma – unter dem Dach von Arcelor. Der Umsatz stieg 2007 auf über 1,3 Milliarden Euro, 2009 waren es allerdings nur noch rund 800 Millionen Euro. Hauptabnehmer ist die Automobilindustrie, gefolgt vom Bau. Lara Sogorski

Diamant

 

Die Brüder Wilhelm und Friedrich Nevoigt gründeten 1885 in Reichenbrand bei Chemnitz eine Werkstatt, in der sie Schreibfedern, Strickmaschinen und später Fahrräder herstellen. Diamant ist die nach eigenen Angaben die älteste Fahrradfabrik Deutschlands. Zur Bekanntheit trug der DDR-Radsportler Gustav-Adolf „Täve“ Schur bei, der seine Siege auf einem Rennrad made in Sachsen einfuhr. Auch wenn die Marke oft als ostdeutsch wahrgenommen wird, gehört das Unternehmen heute zum US-Radhersteller Trek. Nach der Wende kam Diamant zur Schweizer Villiger-Gruppe, 2003 zu den Amerikanern. Im Werk in Hartmannsdorf bei Chemnitz stellten 200 Mitarbeiter im vergangenen Jahr 145.000 Fahrräder der Marken Diamant, Trek und Villiger her. 60.000 Diamant-Räder für 400 bis 3300 Euro wurden 2009 in Deutschland verkauft, sagt Vertriebs-Geschäftsführer Harald Schmiedel. In diesem Jahr dürften es ähnlich viele werden. „Diamant hat natürlich einen großen Klang in Ostdeutschland. Sie wird aber inzwischen auch im Westen wahrgenommen“, sagt Geschäftsführer Michael Mittag. Verteilte sich vor wenigen Jahren der Absatz im Verhältnis Ost zu West noch auf 70 zu 30, so ist er inzwischen ausgeglichen. „Heute sind wir wirtschaftlich gut aufgestellt und schreiben schwarze Zahlen“, sagt Mittag, der seit 2007 dabei ist. Jens Hartmann

Rondo Melange

 

Sieben Jahre waren seit der Wiedervereinigung vergangen, als sich die Kaffeemanufaktur Röstfein aus Magdeburg auf Altbewährtes besann: Sie lieferte einem Supermarkt in Halle 100 Packungen der beliebten DDR-Kaffeemarke Rondo Melange. Zwei Stunden später war der Kaffee ausverkauft. „Die Menschen waren wieder so weit“, sagt Andrea Krause-Ingelbach, Marketing- und Vertriebsleiterin bei Röstfein. Nachdem die Ostdeutschen lange nur Kaffee aus dem Westen getrunken hatten, sehnten sie plötzlich wieder die DDR-Marke herbei. „ Der Geschmack von Rondo Melange ist kräftig und würzig. Diesen mögen die Ostdeutschen einfach lieber“, sagt Krause-Ingelbach. Röstfein ist die einzige von sieben Kaffeeröstereien der DDR, die sich in der Marktwirtschaft behauptet. Zu DDR-Zeiten entwickelte das Unternehmen ein eigenes Röstverfahren. Das interessierte auch Kaffeeproduzenten in Westdeutschland, die schon 1990 mit dem Ostkonkurrenten kooperierten. Heute arbeiten 148 Mitarbeiter bei Röstfein, fast drei Mal so viele wie noch Mitte der 90er-Jahre. Der Marktanteil von Rondo Melange liegt im Osten bei zwölf Prozent, deutschlandweit aber nur bei zwei Prozent. Es fehle das Geld, um national zu werben, sagt Marketingleiterin Krause-Ingelbach. „Daher haben wir uns entschieden, in erster Linie auf unsere Heimatregion zu setzen.“ Jessica Buschmann

 

Florena

 

Der Kosmetikkonzern Beiersdorf will seiner Ostmarke ein eigenes Image geben: „Florena verzichtet auf künstliche Farbstoffe, Mineral- und Silikon-Öle sowie PEG-Emulgatoren“, wirbt der Konzern für die Creme aus Waldheim in Sachsen. Zwar werden die meisten Menschen gar nicht wissen, was alles in einer Hautcreme steckt. Beiersdorf hat sich dennoch entschieden, aus seiner Nivea des Ostens eine Art Ökocreme zu machen. Florena, die in diesem Jahr 90 Jahre alt wird, soll nicht die Billigmarke aus Ostdeutschland bleiben, als die sie nach dem Fall der Mauer im Westen gestartet war. Die Geschichte der Cremefirma aus Sachsen begann im Jahr 1920 mit der Anmeldung eines Talkum-Puders beim Reichspatentamt München. Nach der Enteignung hieß die Fabrik in der DDR VEB Kosmetik Kombinat Berlin. Um das Unternehmen zu retten, kauften es drei Florena-Manager im Jahr 1992 der Treuhand ab. Zehn Jahre später erwarb Beiersdorf sämtliche Anteile. Längst produziert das Stammwerk in Waldheim auch Cremes der Marken Nivea oder Eucerin. Florena ist eines der wenigen Beispiele dafür, dass es eine ostdeutsche Marke auch in Westdeutschland schaffen kann. Vergangenes Jahr hat Beiersdorf so viele Florena-Cremes verkauft wie noch nie. Dabei überzeugt nicht nur die Werbung – sondern auch der immer noch deutlich unter dem Nivea-Niveau liegende Preis. Birger Nicolai

DW (Quelle: Welt Online - 3.10.10)

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