WESHALB GIBT ES VERSCHIEDENE KALENDER AUF DER WELT?

 

von Daniela Mahr

 

Wusstest du, dass die Zeitrechnung auf die Beobachtung von Himmelskörpern zurückgeht? Der Gregorianische Kalender als Sonnenkalender ist heute weltweit im Gebrauch - dennoch gibt es Kulturen, die ein ganz anderes Kalendersystem besitzen. So befinden wir uns nach dem jüdischen Kalender zurzeit bereits im Jahr 5771 und nach dem islamischen Kalender erst im Jahr 1432. Es gibt nicht nur Kalender, die sich an der Sonne orientieren, sondern auch solche, die sich zusätzlich oder ausschließlich nach dem Mond oder nach bestimmten Sternen richten. Wie unterscheiden sich die verschiedenen Kalender auf der Welt?

 

Es ist kein Zufall, dass die Erde zwischen 365 und 366 Tage benötigt, um die Sonne zu umkreisen, und etwa 24 Stunden, um sich einmal um die eigene Achse zu drehen - denn unser Kalendersystem orientiert sich an der Sonne. Zwar hat sich der Gregorianische Kalender im Laufe der Zeit weltweit durchgesetzt, dennoch sind auch die heutigen Kalender nicht überall auf der Erde gleich. Sie lassen sich in vier größere Gruppen zusammenfassen: Sonnen- und Mondkalender, Lunisolarkalender als Mischform und stellare Kalender.

 

Vorab ist zu erwähnen, dass sich die verschiedenen Kulturen gegenseitig beeinflussten. Die ersten bekannten Kalender sind etwa 5.000 Jahre alt und stammen von den ägiptischen und mesopotamischen Hochkulturen. Später fügten die Babylonier die siebentägige Woche hinzu. Bereits hier richteten sich die Menschen nach Sonne, Mond und anderen Himmelskörpern.

 

Orientierung an Mond, Sonne und Sternen

 

Die Sonnenkalender orientieren sich am Lauf der Erde um die Sonne. Dass sie Sonnen- und nicht Erdkalender heißen, liegt an unserer "verfälschten" Wahrnehmung, die Sonne bewege sich am Himmel, obwohl sich tatsächlich die Erde um die Sonne dreht.

 

Mondkalender berechnen den Monat und das Jahr anhand der Mondphasen und gehören zu den ältesten existierenden Kalendern der Menschheit. Das ist einleuchtend, da der Mond die einfachste und eindeutigste Orientierungshilfe für die Kalenderrechnung war. Der neue Monat begann, wenn das "neue Licht", also der neue Mond, wieder am Himmel erschien. Das Mondjahr besteht aus zwölf Monaten, ist jedoch elf Tage kürzer als das Sonnenjahr, das schwieriger zu berechnen ist.

 

Der Lunisolarkalender stellt eine Mischform dar - man kann ihn mit den lateinischen Wörtern "Luna" (Mond) und "Sol" (Sonne) übersetzen. Seine Monate richten sich nach dem Mond, das Jahr wird allerdings anhand der Sonne festgelegt. Das bedeutet, es wird zum Beispiel von einem Frühlingsanfang bis zum nächsten oder von einer Sonnenwende bis zur nächsten gerechnet. Es gibt zwei Sonnenwenden innerhalb eines Jahres: Die Wintersonnenwende am 21. oder 22. Dezember (Winteranfang) und die Sommersonnenwende am 21. Juni (Sommeranfang). An diesen Tagen erreicht die Sonne ihren größten Abstand zum Himmelsäquator, von da an ändert sie ihre Bewegungsrichtung und nähert sich wieder dem Äquator an.

 

Bei der Wintersonnenwende passiert Folgendes: Nachdem die Sonne den Winterpunkt erreicht hat, nimmt die Sonnenhöhe mittags am Himmel nicht mehr weiter ab, sondern die Sonne steigt anschließend wieder langsam empor - von nun an werden die Tage also wieder länger. Alte Völker überall auf der Welt feierten zu diesem Zeitpunkt den "Tod" und die "Wiedergeburt" der Sonne und des Jahres. Auch wird vermutet, dass das Datum des Weihnachtsfestes, an welchem die Christen die Geburt Jesu feiern, in Verbindung mit der Wintersonnenwende steht.

 

Der Stellare Kalender orientiert sich an dem jeweiligen Stand verschiedener Sterne, wobei die Sonne und auch der Mond eine untergeordnete Rolle spielen. Ein Jahr beginnt hier also zum Beispiel nicht mit dem Wiedererscheinen des Mondes, sondern eines bestimmten Sternes. Solche Kalendersysteme verwendeten die alten Ägypter, die Maya und einige andere alte Kulturen (siehe auch: Schrift und Kalender – Rätsel der Maya-Kultur).

 

Der Gregorianische Kalender

 

Unter Julius Cäsar wurde im Jahr 46 vor Christus das Jahr auf 365,25 Tage (also 365 Tage und sechs Stunden) festgelegt. Das war ein Versuch, sich den 365,2422 Erdumdrehungen eines Sonnenjahres rechnerisch anzunähern. Das Julianische Jahr (benannt nach Julius Cäsar) ist aber damit gegenüber dem Sonnenjahr um elf Minuten und 14 Sekunden zu lang, sodass die Abweichung im 14. Jahrhundert schon mehr als sieben Tage betrug.

 

Deshalb führte im Jahr 1582 Papst Gregor XIII. eine Reform ("Erneuerung") des Kalendersystems durch. Um die Abweichung zum Sonnenjahr auszugleichen, wurden vom 4. Oktober 1582 einfach zehn Tage übersprungen und direkt beim 15. Oktober 1582 weitergezählt. Zudem wurden verbesserte Schaltregeln eingeführt, um den Abweichungen entgegen zu wirken: Nur noch diejenigen Jahre am Ende eines Jahrhunderts sollten Schaltjahre sein, die sich durch 400 teilen ließen (wie 1600, 2000 und so weiter), sodass 400 Jahre im Gregorianischen Kalender um drei Tage kürzer sind als im Julianischen.

 

Auf diese Entwicklung geht unser heutiger Kalender zurück. In etwa der gleichen Zeit wurde auch der Jahresbeginn reformiert. Noch im Mittelalter begann das Jahr zu unterschiedlichen Zeiten. Nun wurde der Beginn des neuen Jahres offiziell auf den ersten Januar verlegt. Der Name des Monats stammt von dem lateinischen Wort "ianua", was in etwa Tür, Eingang oder Durchgang bedeutet. Die Wahl des ersten Januar als Jahresbeginn hat vermutlich etwas mit der Wintersonnenwende sowie der Geburt von Jesus Christus zu tun.

 

Diese Zeitrechnung wurde nach und nach von einem Großteil der Welt übernommen, zuletzt von der Türkei im Jahr 1926 und von China im Jahr 1949. Die orthodoxe Kirche machte diese Reform allerdings nicht mit. Orthodox bedeutet übersetzt "geradlinig" - und somit blieben sie bei ihrer Linie, weshalb sie auch heute noch Weihnachten am 6. Januar feiern.

 

Der islamische Kalender

 

Es gibt noch weitere Kulturen, die (zusätzlich) einen anderen Kalender benutzen. Der islamische Kalender, der in einigen islamischen Ländern neben dem Gregorianischen Kalender verwendet wird, ist ein reiner Mondkalender. Das heißt, dass ein neuer Monat immer dann beginnt, wenn der Mond nach Neumond wieder sichtbar wird.

 

Die Zeitrechnung beginnt nicht, wie in der christlich geprägten Kultur, mit der Geburt Jesu, sondern mit der "Hidschra" - das ist die Auswanderung des Propheten Mohammed von Mekka nach Medina und die Ankunft in der Moschee von Qubâ. Das Jahr 2011 entspricht nach islamischer Zeitrechnung dem Jahr 1432/1433. Der Jahresbeginn ist der 1. Muharram, welcher 30 Tage umfasst. Der erste Wochentag im islamischen Kalender ist der Sonntag und der letzte der Samstag. Das hat er unter anderem mit dem jüdischen Kalender gemeinsam.

 

Auch der Fastenmonat "Ramadan" richtet sich bei den Muslimen nach dem islamischen Mondkalender - er beginnt, wenn die Mondsichel nach dem Neumond erstmals wieder zu sehen ist. Da ein Jahr des islamischen Mondkalenders nur 354 Tage dauert, beginnt Ramadan nach unserer Zeitrechnung jedes Jahr elf Tage früher und durchläuft innerhalb von 33 Jahren alle Jahreszeiten.

 

Der Iran und Afghanistan stellen hierbei jedoch eine Ausnahme dar. Zwar beginnt auch für sie die Zeitrechnung mit der Hidschra, doch zählen sie keine Mond- sondern Sonnenjahre, was dazu führt, dass der iranische und afghanische Kalender 42 Jahre zurückliegt. Das liegt daran, dass 33 Mondjahre 32 Sonnenjahren entsprechen. Da das Mondjahr in 32 Sonnenjahren 33 Mal durch die Jahreszeiten wandert, ist ein 33-jähriger islamischer Mensch nach der westlich Zeitrechnung erst 32 (Sonnen-)Jahre alt.

 

Der jüdische Kalender

 

Der jüdische Kalender ist ein Lunisolarkalender: Er richtet seine Monate nach den Mondphasen, es werden jedoch Schaltjahre eingefügt, um sich dem Sonnenjahr anzupassen. Im Gegensatz zum christlichen Brauch beginnt das jüdische Jahr nicht im Frühling, sondern im Herbst - zu biblischen Zeiten begann das jüdische Jahr allerdings ebenfalls im Frühling. Die Festlegung erfolgte im Jahr 359 durch den Patriarchen Hillel II. (ein Patriarch ist ein männlicher Herrscher - in diesem Fall ein Rabbi, also das religiöse Oberhaupt der Juden).

 

Auch den Beginn des jüdischen Kalenders legte Hillel II. fest, und zwar auf den Zeitpunkt der biblischen Schöpfung der Welt - laut seinen Berechnungen das Jahr 3761 vor Christus. Deshalb befinden wir uns nach dem jüdischen Kalender bereits im sechsten Jahrtausend. Manchmal werden die Jahreszahlen im jüdischen Kalender aber nur dreistellig angegeben (das jüdische Jahrtausend wird dabei als bekannt vorausgesetzt). Zur Zählung der Jahre setzte sich der Kalender erst im 11. Jahrhundert durch. Noch heute wird er in Israel verwendet. Das Jahr 2011 ist nach jüdischer Zeitrechnung bereits das Jahr 5771/5772. Der wöchentliche Ruhetag "Sabbat" fällt jeweils auf den Samstag als letzten Tag der Woche und erinnert im Judentum an den Ruhetag Gottes nach der Schöpfung der Welt.

 

Der indische Kalender

 

Es gibt verschiedene hinduistische Kalender - sowohl reine Sonnen- als auch Lunisolarkalender. Nach der Unabhängigkeit Indiens wurde ein neuer Kalender errechnet, der die indische Zeitrechnung vereinheitlichen sollte. Zur Erstellung dieses Kalendersystems wurden zuvor mehr als 30 verschiedene Kalender analysiert. Der indische Nationalkalender wurde am 22. März 1957 eingeführt - dieses Datum ist nach indischer Zeitrechnung der 1. Chaitra 1879 Saka Ära.

 

Das neue Jahr beginnt nach dem indischen Kalender mit der Frühlings-Tag-und-Nacht-Gleiche - dem Zeitpunkt zu Beginn des Frühlings, an dem Tag und Nacht in etwa gleich lang sind. Das geschieht auf der Nordhalbkugel nach unserer Zeitrechnung um den 20. März herum. Der indische Kalender beginnt jeweils mit dem Monat Chaitra. Die Monate sind zwischen etwa 29 und 31 Tagen lang. Ein Monat beginnt ungefähr mit dem Eintritt der Sonne in ein neues Tierkreiszeichen. Das Jahr wird etwa alle vier Jahre durch einen zusätzlichen Schalttag ergänzt - diese Schaltjahre sind an die des Gregorianischen Kalenders gekoppelt, der Monat Chaitra wird dann jeweils um einen Tag auf 31 Tage verlängert.

 

Die Wochentage wurden in Indien, wie auch in der westlichen Kultur, nach Planeten, dem Mond sowie der Sonne benannt. Planeten waren nicht nur einfache Himmelskörper, sondern sie wurden als Gottheiten verehrt. So ist Mars zum Beispiel das Sinnbild des Kampfes und des Krieges und Venus das der Liebe und der Schönheit. In Indien wird der Sonntag ("ravivar") von der Sonne beherrscht, der Montag ("somavar") vom Mond, der Dienstag ("mangalavar") vom Mars, der Mittwoch ("budhavar") vom Merkur, der Donnerstag ("guruvar") vom Jupiter, der Freitag ("shukravar") von der Venus und der Samstag ("shanivar") vom Saturn.

 

Der chinesische Kalender

 

In China existiert neben dem Gregorianischen der chinesische Kalender, der zu den kompliziertesten Kalendersystemen überhaupt gehört: Er kombiniert nämlich drei verschiedene Systeme - einen Lunisolar- sowie einen Sonnenkalender und daneben eine zyklische Kalenderstruktur (unter einem Zyklus versteht man einen Kreis(-lauf)). Neben der Aufteilung in Mondmonate wird das Sonnenjahr anhand genauester mathematischer Berechnungen in 24 Halbmonate eingeteilt - die Orientierung an diesen 24 Jahresstationen ist auch heute noch wichtig für die traditionelle Landwirtschaft in China.

 

Weiterhin beinhaltet er wichtige Zyklen: nämlich durch die Kombination von den zehn so genannten "Himmelstämmen" (diese beziehen sich auf die chinesische Lehre der fünf Elemente und der von Yin und Yang), den zwölf "Erdzweigen" (sie entsprechen dem Chinesischen Tierkreis) und dem Zyklus von 60-er Einheiten - die Berechnungen ergeben einen Zyklus von jeweils 60 Jahren. Wiederum 60 Zyklen, was 3.600 Jahren entspricht, bilden eine Epoche. Der chinesische Kalender hat keine beständige Jahreszählung - ursprünglich wurden die Epochen durch die Kombination der Jahresnamen gekennzeichnet. Zur besseren Verständlichkeit kam seit der Ming-Dynastie im 14. Jahrhundert die Bezeichnung des jeweils verstorbenen Kaisers dazu.

 

Die Zeitrechnung beginnt 2636 vor Christus - der Legende nach soll der Kaiser Huang Di in diesem Jahr den chinesischen Kalender erfunden haben. Zur Zählung der Jahre, die nur bei dem Lunisolarkalender stattfindet, wird eine Methode eingesetzt, die schon zur Zeit der Han-Dynastie, also vor 2.000 Jahren, angewandt wird. Nach dem chinesische Kalender begann mit dem Jahr 1984 unserer Zeitrechnung der 18. Zyklus der 2. Epoche - das bedeutet, der insgesamt 78. Zyklus.

 

Das neue Jahr beginnt in China zum zweiten Neumond vor dem Frühlingsanfang. Der Jahresanfang wird stets so gelegt, dass die Wintersonnenwende auf den elften Monat fällt. Im Jahr 2011 fällt das Neujahrsfest in China auf den 3. Februar. In der volkstümlichen Zählung verfügen die Jahre über einen Tiernamen (Tiger, Drache, Maus, Schlange, Rind, Ziege, Hund, Affe, Schwein, Pferd, Hahn, Hase), der mit einem der fünf chinesischen Elemente (Feuer, Wasser, Erde, Holz, Metall) kombiniert wird. Das Jahr 2010 war das Jahr des Metall-Tigers, das Jahr 2011 ist das Jahr des Metall-Hasen. (Quelle: helles-koepfchen.de - Bereich: Wissen, Geschichte und Kultur)

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