FASZINIEREND UND GEFÜRCHTET: SPINNEN

TEIL 1

 

von Carola Beck

 

Sie werden geschmäht und geächtet, und manch einer läuft bei ihrem Anblick schreiend davon. "Ist die eklig!", unsere Aussagen über die achtbeinigen Krabbeltiere sind oft wenig schmeichelhaft. Dabei sind Spinnen ebenso nützlich wie faszinierend. Was stört uns an den gefürchteten Webkünstlern? Was kann man gegen die panische Angst vor Spinnen tun?

 

Schon vor 400 Millionen Jahre besiedelten Spinnen die Erde. Sie sind damit mehr als doppelt so alt wie Dinosaurier und gehören neben den Haien und Krokodilen zu den ersten Tieren überhaupt. Dank ihrer genialen Konstruktion und Anpassungsfähigkeit haben sie im Gegensatz zu den riesigen Reptilien bis heute überlebt. Spinnen können sowohl im Gletscher als auch im heißen Wüstensand oder unter Wasser leben. Erst viel später, vor ungefähr sechs Millionen Jahren, gab es die ersten Menschen.

 

Manche Wissenschaftler glauben, dass die Angst vor Spinnen bereits in die Wiege der Menschheit gelegt wurde. Sie vermuten, dass sich bei den frühen Menschen ein Mechanismus entwickelt hat, der schon beim kleinsten Hinweis auf die "krabbelnde Gefahr" Alarm auslöst. Dagegen spricht allerdings, dass die Angst vor der Spinne überwiegend im westlichen Kulturkreis vorherrschend ist. Die Spinne war hier schon im Mittelalter ein Symbol für Tod, Teufel, Pest und Hexen. Bei einigen Naturvölkern dagegen werden Spinnen als "gottnahe Wesen" verehrt, die den Menschen Schutz und Weisheit schenken und ihm die "Kunst des Webens" gezeigt haben.

 

Die Sinne der Spinne

 

Spinnen sind hochsensibel. Die hauchdünnen Tasthärchen an den Beinen registrieren feinste Luftströmungen und Bewegungen. Mit den winzigen Sensoren können die Tiere in fast vier Meter Entfernung einen Artgenossen von einem Beutetier unterscheiden. Spinnen haben acht Beine und unterscheiden sich damit von Insektenarten, welche in der Regel nur über sechs Beine verfügen. Eine Spinne hat bis zu acht Augen. Ein Augenpaar ist für die Feinheiten zuständig, die Übrigen nehmen in der Regel eher grobe Bewegungen wahr.

 

Auf Gefahren können Spinnen mit einer schnellen Flucht reagieren. Allerdings geht der Spinne dabei - je nach Körpergröße - bereits nach wenigen Metern "die Puste aus". Denn die Muskeln können nur über eine kurze Strecke mit Sauerstoff versorgt werden, dann muss die Spinne sich erholen. Es ist also typisch, wenn eine Spinne nach hektischem Losrennen erst einmal sitzen bleibt.

 

Wie spinnen Spinnen?

 

Nur die Hälfte aller Spinnenarten webt Netze. Es sind wahre Kunstwerke, die das kleine Tier zum Beutefang anfertigt. Die verschiedenen Spinnenarten beherrschen, bestens angepasst an ihren Lebensraum, unterschiedliche Arten des Netzbaus. Die Kreuzspinne etwa webt ein Radnetz, das durch regelmäßig verbundene Fäden gekennzeichnet ist. Sichtbar werden die durchsichtigen Fäden nur, wenn sich dort Tau oder Staub festsetzt, oder Sonnenlicht in einem bestimmten Winkel einstrahlt.

 

Baldachinspinnen setzen kleine Netze in die Gräser einer Wiese. Darunter sitzt die Spinne dann wie unter einem kunstvoll gewebtem Dach, dem Baldachin. In trichterförmigen Netzen verfängt sich die Beute der Trichterspinnen. Eine sehr originelle Art, ihre Beute zu fangen hat die Wurfnetzspinne. Die in den Tropen vorkommende Art spinnt ein nur sehr kleines Netz, das sie zwischen den Vorderfüßen aufspannt. Damit "fischt" sie die Insekten - wie mit einem Fischernetz - aus der Luft.

 

So gut wie alle Spinnentiere sind Jäger, die ihre Beutetiere mit Gift töten. Die Art, wie Spinnen ihre Beute fangen und fressen, empfinden viele Menschen als befremdlich oder gar abstoßend: Die Spinne greift ihr Opfer und spritzt Gift in den Körper hinein. Dabei wird dem Beutetier ein Verdauungssaft eingeflößt, der die Innereien des Tiers auflöst. Anschließend saugt sie ihr Opfer aus. Zu den Beutetieren von Spinnen gehören überwiegend Insektenarten.

 

High-Tech-Material: Der Spinnfaden

 

Den Faden nutzt die Spinne aber nicht nur, um Netze zu weben. Der Spinnfaden ist extrem belastbar, enorm zugfest und gleichzeitig hochelastisch. Spinnenseide ist hundertmal belastbarer als ein Stahlfaden in gleicher Dicke. Der Spinnfaden kann außerdem um das Vierzigfache ausgedehnt werden, ohne zu reißen. Pilze und Bakterien können dem Faden nichts anhaben, dennoch ist er biologisch abbaubar.

 

Manche Spinnen kleiden ihre Wohnhöhlen damit aus, weben Kokons für den Nachwuchs und fesseln ihre Beute damit. Insbesondere junge Spinnen nutzen den Faden als "Flughilfe", da er sie über mehrere Kilometer weit tragen kann. Bei allen Spinnen dient der Faden auch als Sicherungsleine. Selbst Jagdspinnen, die keine Fangnetze weben, heften den Faden an und seilen sich bei Gefahr ab.

Wissenschaftler würden einiges dafür geben, wenn sie ein Material herstellen könnten, das so beschaffen ist wie die Spinnenfäden. So forscht die NASA daran, Raketen und Flugzeugteile aus einem solchen Material zu konstruieren. Auch an kugelsicheren Westen, die so leicht wie Seidenfäden sind, wird geforscht.

 

ARACHNOPHOBIE - PANISCHE ANGST  VOR SPINNEN

 

FASZINIEREND UND GEFÜRCHTET: SPINNEN - TEIL 2

 

von Carola Beck

 

Einige Giftspinnen - so wie die Syndney Funnel Web Spinne - können auch Menschen gefährlich werden. Die meisten der etwa 35.00 Arten sind allerdings völlig harmlos. Eine gewisse Aufregung verspüren viele, wenn sie eine haarige Spinne sehen. Einige Menschen leiden aber unter der so genannten "Arachnophobie". Darunter versteht man die panische Angst vor Spinnen. Sogar eine kleine Spinne kann dann schon Schweißausbrüche und Herzrasen auslösen. Was für Therapien helfen dagegen?

 

Spinnen sind also wahre Wundertiere. Trotzdem schüttelt es uns, wenn wir durch ein Spinnennetz laufen, vor allem, wenn darin noch eine dicke Spinne mit acht langen Beinen sitzt. Die hektischen, für uns schwer einzuschätzenden Bewegungen der Krabbeltiere sind häufig der Auslöser für unsere Angst. Die schnelle Beinabfolge signalisiert Chaos, und das können wir schlecht einordnen.

 

"Eine gewisse Aufregung verspürt fast jeder Mensch, wenn er eine Spinne sieht", sagt der Biologe und Spinnenfreund Dr. Stephan Loksa. "Oft lernen Kinder dazu noch von ihren Eltern, dass Spinnen eklig seien". Daraus kann eine übertriebene Spinnenangst werden. Man muss Spinnen ja nicht unbedingt mögen. Sobald uns die Furcht aber kontrolliert, wird es problematisch. Bei manchen löst sogar eine kleine Spinne Schweißausbrüche und Herzrasen aus. Wer etwa einen Raum nicht mehr betritt, weil eine Spinne darin sitzt oder im Freien hinter jedem Grashalm voller Angst eine Spinne vermutet, kann etwas dagegen tun.

 

Gegen die Angst vor Spinnen, die so genannte "Arachnophobie" gibt es spezielle Therapien. Nahezu allen Methoden ist gemeinsam, dass die Teilnehmer mehr über diese Tiere erfahren. So werden Vorurteile abgebaut, die sehr oft Auslöser für Ängste sind. Manchmal krabbelt sogar eine Vogelspinne über Arme oder Köpfe der Teilnehmer. So wie bei Dr. Stephan Loksa, der in Schulen und Kindergärten über seine Lieblingstiere informiert. Das wirkt oft Wunder: Die meisten finden eine große, dicke Spinne, die sich eher langsam bewegt, gar nicht so abschreckend. Vogelspinnen sind zudem harmloser als ihr Ruf: Ein Biss dieser Tiere ist in den meisten Fällen nicht gefährlich, sondern höchstens mit dem einer Wespe zu vergleichen.

 

Mehr Nutzen als Schaden

 

Richtig gefährlich werden Spinnen sehr selten: Nur knapp 25 von weltweit 35.000 Spinnenarten sind so giftig, dass sie dem Menschen gefährlich werden können. Die giftigste Spinne ist die Sydney Funnel Web Spinne. Sie wird 1,5 bis 4,5 Zentimeter groß und lebt in der australischen Stadt Sydney und deren Umgebung. Ihr Biss kann tödlich sein, wenn nicht rechtzeitig ein Gegengift verabreicht wird. Erstaunlicherweise ist ihr Gift vor allem für Menschen und Affen gefährlich, während es bei anderen Säugetieren kaum Wirkung zeigt. Ebenfalls ungewöhnlich ist, dass bei dieser Spinnenart das deutlich kleinere Männchen etwa fünfmal giftiger ist, als das Weibchen - während bei anderen Spinnenarten für gewöhnlich das Gift des Weibchens wesentlich stärker ist.

 

Generell sind Spinnen eher nützlich für den Menschen, als dass sie uns schaden. Neben den Singvögeln sind sie die größten Schädlingsbekämpfer. Auf einem Hektar Wiese krabbeln mehr als eine Million Achtbeiner, die jährlich zehn Zentner Insekten verspeisen. Der Insektenfresser ist aus dem heutigen Ökosystem nicht mehr wegzudenken. Würden die Spinnen von jetzt auf gleich fehlen, fräßen die Insekten innerhalb von sechs Monaten alle Pflanzen der Erde auf.

 

Wir Menschen kommen als Beute für sie nicht in Frage. Die meisten Achtbeiner ernähren sich schließlich schon über Jahrmillionen - als es den Menschen noch lange nicht gab - von Insektentieren. Und bei uns gibt es keine Spinnenarten, die auch dem Menschen gefährlich werden können. Also: Kein Grund zur Panik, oder? (Quelle beider Teile: .helles-koepfchen.de - Bereich: Wissen, Menschen und Natur)

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