BERÜHMTE MÄRCHENSAMMLER: DIE GEBRÜDER GRIMM

 

Teil 1: Das Leben von Jacob und Wilhelm Grimm

 

von Tanja Lindauer

 

Wer kennt sie nicht, die Märchen von Hänsel und Gretel, vom Rotkäppchen oder von Dornröschen? Fast jedes Kind auf der Welt hat schon von den Märchen der Brüder Grimm gehört. Auch Du hast bestimmt schon einige der "Grimms Märchen" gelesen. Jacob und Wilhelm Grimm haben die meisten der Märchen aber 

N I C H T selbst erfunden,  S O N D E R N  zusammengetragen und aufgeschrieben. Wer waren die Brüder und wodurch wurden sie so berühmt?

 

Vor einigen Jahrhunderten wurden Märchen nur erzählt und  N I C H T  vorgelesen, denn so etwas wie ein Märchenbuch gab es noch 

N I C H T . So entstanden verschiedene Geschichten und Mythen, die vom Volk weitererzählt und dabei auch immer wieder verändert wurden. Manche Menschen machten sich schließlich die Mühe, diese Märchen zusammenzutragen und aufzuschreiben, damit sie  N I C H T  in Vergessenheit geraten. Genau das machten sich auch die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm zur Aufgabe. Und so wurden die "Gebrüder Grimm" vor allem als Märchensammler bekannt.

 

Die so genannten "Grimms Märchen" (eigentlich heißen sie "Kinder- und Hausmärchen") werden heute fast auf der ganzen Welt gelesen. Aber

N I C H T  N U R  als Märchensammler konnten sich die Brüder einen Namen machen,  S O N D E R N  auch als bedeutende deutsche Sprachwissenschaftler. Deshalb zählen sie auch zu den "Gründungsvätern" der Germanistik - also der Wissenschaft von der deutschen Sprache und Literatur.

 

Die Brüder Grimm wirkten im 19. Jahrhundert und ihre Märchen werden der literarischen Epoche der Romantik zugeordnet. In diesem Zeitabschnitt, in welchem sich die Künstler und Dichter verstärkt dem Gefühlsbetonten, Fantastischen, Übernatürlichen und auch Unheimlichen zuwandten, wurde dem "einfachen Volk" eine große Rolle beigemessen, da es als das "Wahrhaftige" galt. Deshalb waren auch Volksmärchen sehr beliebt - denn die einfachen Leute und deren Verhalten waren die Symbole für das natürliche und wahre Leben. Auch andere Länder, wie Frankreich oder England, wurden von den romantischen Ideen aus Deutschland stark beeinflusst.

 

Die frühen Jahre

 

Jacob Ludwig Karl Grimm wurde am 4. Januar 1785 in Hanau geboren, Wilhelm Grimm am 24. Februar 1786, ebenfalls in Hanau. Sie waren die ältesten der insgesamt neun Geschwister der Pastorenfamilie, jedoch starben drei von ihnen bereits im Säuglingsalter. Ihre Eltern hießen Dorothea und Philipp Wilhelm Grimm. Die Brüder verloren früh ihren Vater, der 1796 an einer Lungenentzündung starb. Nach dem Tod ihres Vaters schickte Dorothea Grimm ihre beiden ältesten Söhne 1798 nach Kassel zu ihrer Tante.

 

Die Mutter wollte den Kindern eine gute Schulbildung ermöglichen, und so gingen beide auf das Friedrichgymnasium (damals wurde es Lyceum Fridericianum genannt). Nach dem Abitur begannen beide Brüder ein Jurastudium (Rechtswissenschaften) in Marburg - im Jahr 1802 Jacob und ein Jahr später auch Wilhelm. Sie interessierten sich aber sehr für die romantische Literatur dieser Zeit, und ihr Professor Carl von Savigny machte sie mit dieser noch besser vertraut. Denn der Lehrer erlaubte es ihnen, in seiner Privatbibliothek zu lesen. Zudem lernten sie auch berühmte Schriftsteller kennen, wie Achim von Armin und Clemens Brentano.

 

Begeisterung für Märchen

 

Nach dem Tod ihrer Mutter im Jahr 1808 wurde Jacob Privatbibliothekar des westfälischen Königs Jérome Bonaparte. Als ältester Sohn war er für den Unterhalt der Familie verantwortlich. 1811 veröffentlichten die Brüder ihre ersten Bücher: Jacob über Altdeutschen Meistersang und Wilhelm über Altdänische Heldenlieder, Balladen und Märchen. 1812 gaben Jacob und Wilhelm Grimm den ersten Band ihrer gesammelten Kinder- und Hausmärchen heraus - die heutigen "Grimms Märchen". Weitere Auflagen sollten folgen, und vor allem der jüngere Bruder Wilhelm beschäftigte sich fast ein ganzes Leben lang mit Märchen.

 

Insgesamt sammelten die zwei Brüder 240 Märchenerzählungen - neben "Hänsel und Gretel" und "Aschenputtel" sind darunter viele weitere bekannte Märchen wie "Frau Holle", "Der Wolf und die sieben Geißlein" und "Rotkäppchen". Die Brüder ließen sich die Märchen von ganz verschiedenen Menschen erzählen. Eine große Hilfe war ihnen Dorothea Viehmann, die zum Beispiel die Märchenerzählungen über die "Bremer Stadtmusikanten" und "Die Gänsemagd" besteuerte.

 

1814 zogen die Brüder Grimm zusammen mit ihrer Schwester Lotte in eine Wohnung in Kassel. Jacob und Wilhelm waren im Alter von 30 Jahren durch ihre Bücher schon recht bekannt, bis 1814 lebten sie ausschließlich vom Erbe der Familie und Jacobs Gehalt. Von 1814/ 1816 bis 1829 arbeiteten sie an der Bibliothek in Kassel - Wilhelm als Sekretär und sein Bruder als Bibliothekar. In dieser Zeit forschten die beiden immer weiter und erhielten 1819 die Ehrendoktorwürde der Universität Marburg. Wilhelm und Jacob Grimm verdanken ihren Erfolg aber auch vielen anderen Menschen, die ihnen geholfen haben. Den ohne Unterstützung hätten sie sich nicht auf die Forschung konzentrieren und so viele Bücher veröffentlichen können. Die Kurfürstin Wilhelmine Karoline von Hessen half den Brüdern beispielsweise in Form von Geldspenden.

 

Erforschung der deutschen Sprache

 

Nach dem Tod der Kurfürstin 1821 mussten Jacob und Wilhelm Grimm zusammen mit ihrer Schwester in eine schlechtere Wohnung ziehen, da das Geld knapp wurde. Bald darauf heiratete die Schwester und verließ die beiden. Jacob Grimm begann sich intensiv mit der deutschen Sprache zu beschäftigen und veröffentlichte die "Deutsche Grammatik" - den ersten Band 1819, der Zweite folgte dann 1826.

 

In diesem Werk widmete er sich aber  N I C H T  N U R  mit der Grammatik,  S O N D E R N  A U C H  der geschichtlichen Entwicklung der germanischen Sprachen. Jacob Grimm gilt mit diesem Werk als Wegbegründer der "Etymologie" - das bedeutet, dass man die Herkunft und Entwicklung von Wörtern untersucht. Wilhelm beschäftigte sich in dieser Zeit mit Runen - das waren die alten Schriftzeichen der Germanen - und veröffentlichte im Jahr 1829 sein Hauptwerk hierzu: Die "deutschen Häldensagen" (früher wurde Held noch mit "ä" geschrieben).

 

1825 heiratete Wilhelm Grimm die Apothekerstochter Henrietta Dorothea Wild. Manche Menschen munkelten, dass der Grund für die Hochzeit alles andere als romantisch gewesen wäre: Schwester Lotte hatte ihre Brüder nach ihrer Heirat verlassen, und so konnte sie sich nicht länger um die beiden kümmern. Daraufhin soll Wilhelm Grimm beschlossen haben zu heiraten. Nun konnte seine Ehefrau den Platz der Schwester einnehmen: Dorothea, die "Dortchen" genannt wurde, kümmerte sich fortan um den Haushalt der Brüder Grimm. 1828 brachte sie den Sohn Herman Grimm auf die Welt. Nachdem Jacob Grimm an der Bibliothek nicht befördert wurde, entschieden sich die Brüder im Jahr 1829, nach Göttingen zu ziehen. Ab 1830 war Jacob Professor, Wilhelm arbeitete bis 1835 noch als Bibliothekar und wurde dann ebenfalls zum Professor berufen. Jacob Grimm veröffentlichte zudem bis 1837 zwei weitere Bände seiner deutschen Grammatik.

 

Einsatz für Menschenrechte

 

Die Brüder Grimm setzten sich auch politisch ein und halfen beispielweise, die Menschenrechte in Deutschland zu formulieren. 1837 hob König Ernst August II. von Hannover das Grundgesetz, das vier Jahre zuvor erlassen worden war, wieder auf. Jacob und Wilhelm protestierten mit den "Göttinger Sieben" (neben den Brüder Grimm gehörten zu dieser Gruppe beispielweise der Historiker Friedrich Christoph Dahlmann und der Physiker Wilhelm Weber) gegen diese Entscheidung - denn die vorherige Verfassung gewährte den Bürgern für die damalige Zeit recht viele Freiheiten, die nun deutlich eingeschränkt werden sollten.

 

Der König ließ sich das aber  N I C H T  bieten, und so wurden die sieben Professoren am 11. Dezember 1837 ihrer Ämter enthoben. Jacob wurde sogar des Landes verwiesen. Mithilfe eines Komitees von Bürgern wurden die Gehälter durch Spenden an die Professoren zunächst weiterbezahlt. Jacob und Wilhelm Grimm hatten aber keine Anstellung mehr. Von einem Leipziger Verleger bekamen sie schließlich das Angebot, ein deutsches Wörterbuch zu verfassen. Bis zu ihrem Tod sollte sie dieses Projekt noch begleiten, jedoch schafften sie es  N I C H T , es jemals fertigzustellen.

 

Die Brüder kehrten nach Kassel zurück. Mithilfe von Alexander von Humboldt und anderen Befürworten wurden die Brüder Grimm am 2. November 1840 von König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen nach Berlin eingeladen, bereits ein Jahr später wurden sie in die Akademie der Wissenschaften aufgenommen. Am 16. Dezember 1859 starb Wilhelm Grimm infolge eines Schlaganfalls. Sein Bruder starb am 20. September 1863.

 

Im zweiten Teil stellen wir dir die berühmtesten Werke der Brüder Grimm vor.

 

BEKANNTE WERKE DER GEBRÜDER GRIMM

 

Die Brüder Grimm - Teil 2

 

von Tanja Lindauer

 

Im ersten Teil des Artikels über die Gebrüder Grimm hast Du mehr über das Leben von Jacob und Wilhelm Grimm erfahren. Nun stellen wir dir die wichtigsten Werke der beiden Brüder vor.

 

Das deutsche Wörterbuch

 

Große Forschungen zur deutschen Sprache

 

Die Brüder Grimm waren  N I C H T  N U R  Märchensammler und -schreiber,  S O N D E R N  A U C H  Wissenschaftler, die sich mit der deutschen Sprache befassten. Jacob und Wilhelm Grimm waren bekannte Sprachwissenschaftler, die sich bereits einen Namen gemacht hatten, als sie mit ihrem deutschen Wörterbuch begannen. Beide wurden später Professoren und arbeiteten als an der Universität - zunächst in Kassel, dann in Göttingen. Jacob Grimm beschäftigte sich vor allem mit der Grammatik und veröffentlichte ein zweibändiges Werk zu diesem Thema. Wilhelm Grimm widmete sich Rechtstexten und Runen. Beide interessierten sich auch für die Entstehung sowie den Ursprung der einzelnen Wörter und dafür, wie sie sich im Laufe der Jahre ändern (dies nennt man "Etymologie").

 

Aufgrund ihrer Liebe zur deutschen Sprache entschieden sie sich, ein deutsches Wörterbuch zu schreiben. Sie hatten das Unterfangen aber eindeutig unterschätzt und erst lange nach ihrem Tod, nämlich am 4. Januar 1961, wurde der letzte Band veröffentlicht. Die Brüder starteten das Projekt 1838, unterstützt wurden sie dabei von mehr als 80 Mitarbeitern. Sie gingen dabei alphabetisch vor und begannen so mit dem Buchstaben "A". Jacob Grimm schaffte es allerdings nur, die Buchstaben A, B, C und E zu beenden (1863), der Buchstabe D wurde von seinem Bruder übernommen. Aber auch Wilhelm sollte  N I C H T  viel weiter gelangen und verstarb 1859 beim Begriff "Furcht". Die beiden Brüder arbeiteten also knapp 20 Jahre an den ersten vier Buchstaben des Alphabets, das insgesamt bekanntlich 26 Buchstaben umfasst.

 

Ein Wörterbuch als Lebensprojekt

 

Man kann sich also ausrechnen, wie alt die Brüder hätten werden müssen, um alle Buchstaben zu behandeln: ungefähr ein Alter von 180 Jahren hätten sie erreichen müssen, um in diesem Tempo alle Buchstaben zu beenden. Sie wollten damit ein Standardwerk für die deutsche Sprache schaffen, den so genannten "Grimm", in dem alle Wörter enthalten sind. Jedes einzelne Wort wurde genauestens untersucht: Wo kommt das Wort her? Wie entstand es? Wie wird es verwendet? Wie wurde und wie wird es geschrieben?

 

Nach dem Tod der zwei Brüder übernahmen andere Sprachwissenschaftler die Aufgabe: Und endlich nach 123 Jahren konnte das Wörterbuch fertiggestellt werden. Es ist sogar das erste deutsche Wörterbuch, in dem auch Schimpfwörter untersucht wurden. Es ist eines der größten Werke der europäischen Sprachwissenschaft und besteht aus 350.000 Stichwörtern. Heute gelten die Brüder als die deutschen Gründungsväter der Germanistik (die Wissenschaft, die sich mit der deutschen Sprache und Literatur beschäftigt).

 

Kinder- und Hausmärchen

 

Märchen zur Kindererziehung

 

Zu ihrer Zeit als Studenten an der Universität Marburg lernten die Brüder die romantischen Schriftsteller Clemens Brentano und Achim von Armin kennen. Durch sie wurde bei Jacob und Wilhelm das Interesse an Märchen geweckt. Die beiden Brüder begannen schließlich, in Kassel mündlich überlieferte Märchen zu sammeln. Eine große Hilfe war ihnen dabei Dorothea Viehmann, eine Märchenerzählerin. Aber auch von dem Franzosen Charles Perrault (er hat in Frankreich Märchen gesammelt und aufgeschrieben) erhielten sie viele Märchenerzählungen.

 

Von manchen Märchen glauben einige Wissenschaftler, dass sie von den Gebrüdern Grimm selbst verfasst wurden. Das Ziel der Brüder war es, zum einen altes Volksgut zu bewahren, zum anderen aber auch die Ängste der Kinder anzusprechen. Die Märchen sollten den Kindern dabei helfen, diese Ängste zu überwinden. In dem Vorwort wiesen die Brüder daraufhin, dass die Märchen vor allem als Unterstützung zur Erziehung der Kinder dienen sollte - sie nannten ihre Märchensammlung ein "Erziehungsbuch". 1812 veröffentlichten sie die erste Ausgabe des ersten Bandes der Hausmärchen, 1815 folgte der zweite Band.

 

Grausam und  N I C H T  kindgerecht?

 

Jedoch blieb der Erfolg zunächst aus. Kritiker hielten die Märchensammlung aufgrund der brutalen und grausamen Darstellungen für Kinder als ungeeignet. In den folgenden Jahren überdachte Wilhelm Grimm die Kritik und überarbeitete schließlich die Sammlung. Er schrieb die Märchen teils um, teils strich er sie auch ganz. Er wollte, dass nur deutsche Märchen in der Sammlung enthalten waren. Daher strich er beispielweise die meisten französischen Erzählungen (wie etwa "Blaubart" oder "Der gestiefelte Kater") wieder. Manche französischen Erzählungen blieben aber dennoch erhalten, die Brüder waren also  N I C H T  ganz konsequent.

 

Von Rotkäppchen existiert auch eine französische Version, die die Brüder kannten, hier aber ist das Ende eher tragisch. Sie wandelten das Ende einfach ab. Und auch Aschenputtel ist alles andere als ein typisch deutsches Märchen, denn in ganz Europa wurde diese Geschichte erzählt. Es war also  G A R  N I C H T  so einfach, zu entscheiden, welche Märchen  N I C H T  gestrichen werden sollten und welche doch - so wurden einige einfach etwas überarbeitet. Zum Beispiel kann man das sehr gut an Hänsel und Gretel verfolgen: Die Mutter aus Hänsel und Gretel wurde später zur Stiefmutter, denn eine Mutter, so war die Meinung, könnte so etwas Grausames, wie ihre Kinder zu verstoßen, niemals übers Herz bringen. Es gab auch neue Geschichten, die in die Sammlung aufgenommen wurden - wie etwa "Die Bremer Stadtmusikanten" oder "Hans im Glück". Die Überarbeitung der beiden Bände erschien 1819 und wurde von Kritikern sowie der Leserschaft dankend angenommen und damit positiv bewertet.

 

Bahnbrechender Erfolg von Grimms Märchen

 

Der Erfolg ließ auch  N I C H T  mehr lange auf sich warten. Die Märchen wurden schnell über die deutschen Grenzen hinaus bekannt und Übersetzungen in andere Sprachen durften daher  N I C H T  fehlen. 1825 erschien von den Kinder- und Hausmärchen eine weitere Ausgabe. In dieser nochmals überarbeiteten und kindgerechten Version waren etwa fünfzig Märchen enthalten, unter ihnen die noch heutzutage bekannten wie "Hänsel und Gretel", "Der Froschkönig" oder "Aschenputtel".

 

Die Brüder, vor allem Wilhelm, überarbeiteten die Sammlung ihr ganzes Leben lang weiter. Und es erschienen jede Menge neue Ausgaben. Dabei ist jede Ausgabe anders als die Vorherige - von der kleinen Auflage, in der 50 Märchen enthalten sind, gibt es 10 Auflagen (1825, 1833, 1836, 1839, 1841, 1847, 1850, 1858). Heute existieren viele verschiedene Ausgaben von Grimms Märchen, fast alle haben Illustrationen - also erläuternde Bilder - in den Büchern. (Quelle beider Teile: helles-koepfchen.de - Bereich: Wissen, Geschichte und Kultur)

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