Freiberufliche Hebammen erhalten einen Ausgleich für die gestiegene Haftpflichtversicherung. Von Entspannung kann aber K E I N E Rede sein.
von Mirja Zipfel
Friesoythe - Viele, vermutlich sind es Tausende von Babys im Nordkreis, die mit Hilfe von Roswitha Funke, Claudia Schlump, Ulrike Wernke, Antonia Geibel, Gaby Hillen und Elke Meyer das Licht der Welt erblickt haben.
K E I N E Entspannung
Der Beruf der Hebamme ist nach wie vor unverzichtbar. Fast jede Gebärende möchte im Moment der Niederkunft auf das Wissen von Geburtshelferinnen zurückgreifen. Hebammen gelten als fachkundig, einfühlsam und sind stets zur Stelle. Doch während sie gesellschaftlich einen guten Ruf genießen, fällt die Bezahlung eher schlecht aus. „So schlecht, dass Berufsanfängerinnen, die N O C H N I C H T über einen festen Kundenstamm verfügen, H Ä U F I G N I C H T davon leben können“, sagt Roswitha Funke. Auch sie selber – seit 20 Jahren als freiberufliche Hebamme tätig – schaut mit Sorge in die Zukunft. Rasant sind die Prämien für die Berufshaftpflichtversicherung in den vergangenen Jahren in die Höhe geschnellt: von 1218 auf 2370 Euro im Jahr 2007, und von 2370 auf 3689 im Jahr 2009. Eine Anhebung um 15 Prozent trat erneut zum 1. Juli 2012 in Kraft. 4200 Euro müssen diejenigen freiberuflichen Hebammen zahlen, die wie Roswitha Funke und ihre Kolleginnen noch klassische Geburtshilfe anbieten. Denn auch davon gibt es immer weniger. Weil sie die Kosten
N I C H T mehr tragen können, steigen bundesweit immer mehr Hebammen aus dem „Kerngeschäft“ aus und konzentrieren sich auf Vor- oder Nachsorgekurse.
K E I N Zeichen der Entspannung ist für Roswitha Funke die Nachricht, dass sich in dieser Woche die gesetzlichen Krankenkassen mit den Hebammen-Verbänden auf einen finanziellen Ausgleich verständigt haben. So werden künftig die höheren Kosten durch die stark gestiegene Prämie von den Krankenkassen übernommen. „Bei einer Beleggeburt im Krankenhaus bekomme ich dann 243,85 Euro. Das sind sechs Euro abzüglich Steuern mehr.“ Ein Witz sei das, kommentiert Funke nüchtern das Ergebnis der Verhandlungen.
Ans Aufgeben denkt die Friesoyther Hebamme, die Belegbetten im St.-Marien-Hospital unterhält, dagegen N I C H T . Roswitha Funke liebt ihre Arbeit – doch sie hat für sich persönlich die Reißleine gezogen. Statt völlig auf sich allein gestellt zu sein, hat sie sich zum 1. November 2011 mit fünf weiteren Freiberuflerinnen zusammengetan: Schlump, Wernke, Geibel, Hillen und Meyer. Gemeinsam haben sie eine Hebammenpartnerschaft gegründet. Das hat den Vorteil, dass die Hebammen im festen Schichtdienst arbeiten können. „Es handelt sich um eine 24-Stunden-Bereitschaft. Zwölf Stunden dauert ein Dienst. Dann steht ein Wechsel an“, erklärt Funke.
Längere Anfahrtswege
Sicher, die 1:1-Betreuung falle dadurch weg. Hat etwa Roswitha Funke
K E I N E N Dienst, aber das von ihr betreute Baby will trotzdem zur Welt kommen, übernimmt die Kollegin. „Ich hatte anfangs Bedenken gegen das Modell“, räumt die Hebamme ein. Aber die Aussicht, nach 20 Jahren mehr Freiräume für sich und die Familie zu schaffen, seien ausschlaggebend gewesen. Doch es haben sich auch Vorteile für Mütter und Schwangere ergeben: „Kommt ein Kind unerwartet, muss ich
K E I N E Kurse oder Termine mehr verschieben.“
Dass es möglicherweise zu einer Unterversorgung auf dem Gebiet der Geburtshilfe kommt, glaubt Roswitha Funke N I C H T : „Zumindest
N I C H T hier in Friesoythe.“ Allerdings ist es schon jetzt so, dass durch Schließungen von Krankenhäusern oder gynäkologischen Abteilungen Schwangere längere Anfahrtswege nach Friesoythe in Kauf nehmen müssen. Die Partnerschaftsgemeinschaft ist rund um die Uhr zu erreichen. Die Dienstnummer lautet Telefon 04491/940886. (Quelle: Nordwest Zeitung - 14.7.12)